AGES-Radar für Infektionskrankheiten - 30.01.2025
Zusammenfassung
Die Grippewelle ist seit Ende 2024 im Gange, die RSV-Welle steht am Anfang. Die SARS-CoV-2-Aktivität ist derzeit stabil auf sehr niedrigem Niveau.
Die Weichkäsesorten „Großer Stinker“ und „Kleiner Stinker“ wurden zurückgerufen, da sie mit Listerien kontaminiert sind. Das Risiko ist noch nicht beseitigt, denn einige der zurückgerufenen Chargen mit Ablaufdatum spät im Februar könnten noch in privaten Haushalten gelagert sein.
Im Jahr 2024 war mit 542 Erkrankungen die Zahl der Masernfälle sehr hoch und auch heuer wurden bereits 43 Erkrankungen gemeldet.
Auch bei Pertussis waren letztes Jahr die Fallzahlen extrem hoch, es wurden 15.465 Infektionen gemeldet. Heuer sind es mit Stand 24.01.2025 256.
International geben wir ein Update zu den Erkrankungsfällen in der Demokratischen Republik Kongo. Zudem berichten wir über die Fälle des humanen Metapneumovirus in China. Die USA meldete den ersten Todesfall aufgrund von Aviärer Influenza.
HIV ist nicht besiegt. Das Thema des Monats beschreibt, wie HIV-Infizierte in Österreich betreut werden und wie sich HIV und AIDS im Laufe der Jahre verändert haben.
Situation in Österreich
In den für die Überwachung ausgewählten Arztpraxen (Sentinel) wurden seit Anfang des Jahres 319 Proben positiv auf Influenza getestet. Wir befinden uns seit Ende Dezember offiziell in der Grippewelle. Die Anzahl der Grippefälle ist seit Jahresbeginn weiter am Ansteigen, 40 % der getesteten Proben sind positiv auf Influenza. Damit befindet sie sich Österreich im europäischen Durchschnitt.
Die AGES-Grippeüberwachung schätzt die Inzidenz grippeähnlicher Erkrankungen in Österreich in der Kalenderwoche (KW) 3 auf 2.454/100.000 Einwohner:innen, und ist somit vergleichbar zu den Vorjahren. Auch im Rest der EU/EWR-Raumes befindet sich die Influenza-Aktivität auf hohem Niveau, allerdings nicht ungewöhnlich hoch im Vergleich zu den Vorjahren (ERVISS).
Im Rahmen des Öffentlichen Impfprogramms Influenza können sich diese Saison erstmals alle in Österreich lebenden Personen gratis gegen Grippe impfen lassen. Auch jetzt im Jänner ist dies noch zu empfehlen, besonders für Risikogruppen. Eine Impfung ist in teilnehmenden Ordinationen und öffentlichen Impfstellen möglich. Mehr Informationen dazu finden Sie unter: Influenza | Impfen schützt einfach und Influenza-Impfung 2024/2025: Impfstellen.
Die termingerechte Influenzaimpfung bleibt die beste Präventionsmaßnahme, um das Risiko von Influenzaerkrankungen zu verringern.
Nach dem Höhepunkt im September ist die SARS-CoV-2-Viruslast im Österreichischen Abwassermonitoring deutlich gesunken. Auch die COVID-19-bedingten Aufnahmen in österreichischen Krankenanstalten haben in den letzten Wochen abgenommen. Ein ähnliches Bild zeigt sich in den anderen EU/EWR-Ländern: SARS-CoV-2 befindet sich generell auf sehr niedrigem Niveau, in der Primärversorgung (u. a. Hausärzt:innen) und in Krankenhäusern nimmt die Aktivität in allen Altersgruppen ab oder ist stabil.
Die COVID-19-Impfung wird in Österreich kostenfrei angeboten und ist für alle ab dem vollendeten 6. Lebensmonat möglich. Ab dem vollendeten 12. Lebensjahr ist die Impfung allgemein empfohlen. Die Impfstoffe werden immer wieder an aktuelle Virusvarianten angepasst. Derzeit stehen Variantenimpfstoffe gegen JN.1 und KP.2 zur Verfügung. Es wird davon ausgegangen, dass diese Impfstoffe einen guten Schutz vor schweren Verläufen der aktuell zirkulierenden Virusvarianten bieten.
Weitere Informationen zum Impfangebot der einzelnen Bundesländer können unter COVID-19 | Impfen schützt einfach. eingesehen werden
In den Sentinel-Proben konnten für diese Saison bisher 35 RSV-Infektionen nachgewiesen werden. Die stationären Krankenhausaufnahmen aufgrund von RSV haben in den letzten Wochen leicht zugenommen.
In der EU bzw. dem EWR-Raum ist die RSV-Aktivität in den letzten Wochen gesunken. 75 % der in den EU/EWR-Ländern mit RSV hospitalisierten Personen sind Kinder unter 5 Jahren. Rund 15 % entfallen auf die Altersgruppe der über 65-Jährigen (ERVISS, Stand: 27.01.2025). Ein ähnliches Bild zeigt sich in Österreich.
Eine durch RSV ausgelöste Erkrankung kann höchst unterschiedlich verlaufen. Insbesondere bei Säuglingen, Kleinkindern und Personen höheren Alters kann die Erkrankung zu schweren Infektionen der unteren Atemwege bis zum Lungenversagen mit tödlichem Ausgang führen.
In der vergangenen Saison erreichte die Viruslast in Österreich Anfang Februar 2024 ihren Höhepunkt.
Für Risikogruppen wird eine Immunisierung gegen RSV dringend empfohlen. Es gibt folgende Möglichkeiten:
- Für Neugeborene besteht aktuell die Möglichkeit einer passiven Immunisierung mit der RSV-Prophylaxe Beyfortus. Beyfortus steht im kostenfreien Kinderimpfprogramm zur Verfügung und wird bei Verfügbarkeit allen Kindern im 1. Lebensjahr empfohlen, wobei der empfohlene Zeitpunkt der Immunisierung vom Geburtsdatum abhängt.
- Auch die Impfung von Schwangeren zum passiven Schutz von Neugeborenen ist möglich und empfohlen, wenn der Geburtstermin zwischen Oktober und März liegt.
- Personen ab dem vollendeten 60. Lebensjahr wird zur Vorbeugung von schweren, mitunter lebensbedrohlichen Verläufen eine Impfung zur aktiven Immunisierung allgemein empfohlen. Entsprechende Impfstoffe stehen seit 2023 zur Verfügung.
Aktuelle Informationen zur Immunisierung gegen RSV finden Sie unter https://impfen.gv.at/impfungen/rsv
Am 09. Jänner kam es zu einem öffentlichen Rückruf von Käse mit den duftenden Namen „Großer Stinker“ und „Kleiner Stinker.“ Beide Sorten waren stark mit Listerien kontaminiert und wurden daher aus dem Handel gezogen. In Tschechien und Deutschland waren zuvor je eine Person nach dem Verzehr eines solchen Käses erkrankt.
Trotz des erfolgten Rückrufs bleibt eine Gefahr: Einige der kontaminierten Charge(n) sind bereits verkauft und haben ein Haltbarkeitsdatum bis spät in den Februar (10.02.2025 und 24.02.2025). Wer also von der Rückrufaktion noch nichts mitbekommen hat, könnte solch einen gefährlichen Käse im Kühlschrank haben.
Auf Grund ihrer Fähigkeit zu Wachstum auch bei niedrigen Temperaturen vermehren sich Listerien sogar im Kühlschrank. Daher können kontaminierte Lebensmittel auch bei Einhaltung der Kühlkette hohe Keimzahlen enthalten.
Listerien sind Bakterien, die Listeriose auslösen können, eine seltene, hauptsächlich durch Lebensmittel übertragene Erkrankung.
Eine Kontamination von Lebensmitteln mit Listerien kann auf verschiedenen Stufen der Gewinnung und Bearbeitung erfolgen. Insbesondere Lebensmittel tierischer Herkunft wie Rohmilch und rohes Fleisch können bereits während der Gewinnung kontaminiert werden, beispielsweise beim Melken oder beim Schlachten. Bei mangelnder Hygiene im Bearbeitungsprozess ergeben sich nach der Wärmebehandlung erneute Kontaminationsmöglichkeiten für das Produkt. Kochen, Braten, Sterilisieren und Pasteurisieren töten die Bakterien ab.
Lebensmittel werden in Österreich nach einem Probenplan auf Listerien hin untersucht. Im Jahr 2023 wurden bei den amtlichen Untersuchungen ca. 3.500 Lebensmittelproben getestet. In 78 dieser 3.500 Proben wurden Listerien gefunden, die grundsätzlich eine Erkrankung beim Menschen auslösen könnten. Um das Risiko zu minimieren, sollten Lebensmittel wie Weichkäse, Schmierkäse, aufgeschnittene Wurstwaren oder geräucherte Fische immer getrennt von anderen Lebensmitteln gelagert werden.
Mehr Details zum Produkt finden Sie unter: Produktwarnungen & Produktrückrufe - AGES
Unter folgendem Link können Sie die Produktwarnungs-App der AGES herunterladen: Produktwarnungen & Produktrückrufe - AGES
Mehr Informationen zu Listerien finden Sie im Steckbrief: Listerien - AGES
Im Jahr 2024 gab es in Österreich 542 Masernerkrankungen. Auch über den Jahreswechsel bleibt die Zahl hoch, heuer wurden bereits 43 Erkrankungen gemeldet, die größtenteils auf ein schon im November begonnenes Ausbruchsgeschehen in Oberösterreich zurückzuführen sind. Für 31 der 43 Masernfälle aus dem Jahr 2025 liegen verwertbare Informationen zum Impfstatus vor, niemand davon war geimpft. Es kommt derzeit zu einer Umstellung bei der Dokumentation der Erkrankungen, die Zahlen können sich auch rückwirkend noch ändern. Die aktuellen Zahlen werden wöchentlich auf der AGES-Homepage veröffentlicht.
Zusammenfassung 2024:
Die höchsten Inzidenzraten finden sich bei Säuglingen und der Altersgruppe der 10-14Jährigen. Für das Jahr 2024 sind 120 der 527 Fälle mit diesbezüglichen Angaben als hospitalisiert gemeldet worden, vier davon wurden auf der Intensivstation betreut. Von den 379 der 542 Fälle aus dem Jahr 2024, bei denen verwertbare Informationen zum Impfstatus vorliegen, waren 345 (91 %) ungeimpft, fünf Personen waren einmal und 17 zweimal gegen Masern geimpft. Zwölf Fälle hatten nach Kontakt mit einem Masernfall Postexpositionsimpfungen erhalten, es ist jedoch unklar, ob diese zeitgerecht verabreicht wurden.
Im Jahr 2023 wurden insgesamt 2.791 Fälle in Österreich gemeldet, 2024 waren es 15.465. Heuer sind es 256 (Stand: 24.01.2025).
Die Fälle pro 100.000 Einwohner:innen für jedes Bundesland für das Jahr 2025 sind in Abbildung 1 dargestellt. Die Altersverteilung (Abbildung 2) zeigt, wie stark vor allem Kleinkinder betroffen sind.
Um Säuglinge in den ersten Lebensmonaten zu schützen, wird insbesondere schwangeren Frauen im letzten Schwangerschaftsdrittel die Impfung nahegelegt, unabhängig vom Abstand zur letzten Pertussis-Impfung. Dadurch erhalten Neugeborene durch mütterliche Antikörper einen Schutz.
Weiterführende Informationen zur Pertussis-Impfung finden Sie im Impfplan Österreich (sozialministerium.at).
Keuchhusten (Pertussis) - AGES
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![© AGES Pertussis-Inzidenz im Jahr 2024 nach Altersgruppe (Stand: 17.12.2024)](/download/sdl-eyJ0eXAiOiJKV1QiLCJhbGciOiJIUzI1NiJ9.eyJpYXQiOjE2MDk0NTkyMDAsImV4cCI6NDA3MDkwODgwMCwidXNlciI6MCwiZ3JvdXBzIjpbMCwtMV0sImZpbGUiOiJmaWxlYWRtaW4vX3Byb2Nlc3NlZF8vMy9lL2NzbV9QZXJ0dXNzaXNfQWx0ZXJfODhiNDdiZDRkNS5wbmciLCJwYWdlIjoyNzMzfQ.rQcD0q9ZlJvtTUv4WmpMSf8anztrU1ebnoWIb8YLQKk/csm_Pertussis_Alter_88b47bd4d5.png)
Internationale Ausbrüche
Ende Dezember bestätigte die WHO (Weltgesundheitsorganisation), dass es sich bei der bislang „nicht diagnostizierten Erkrankung“ in der Demokratischen Republik Kongo (DRK) vermutlich um akute respiratorische Infektionen handelte, die teilweise durch Malaria verschlimmert wurden.
Zwischen 24.10. und 16.12.2024 wurden in einer Region in DRK 891 Fälle, sowie 48 Todesfälle, einer nicht diagnostizierten Erkrankung gemeldet. Aufgrund der abgelegenen Lage und schwierigen Erreichbarkeit, verzögerte sich die Aufklärung der Ursache, was die mediale Berichterstattung befeuerte. Schlussendlich wurden 430 Proben positiv auf Malaria und bekannte respiratorische Viren, u.a. Grippeviren, SARS-CoV-2, getestet.
Am 27.12.2024 veröffentlichte die WHO einen weiteren Bericht: Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die schweren Infektionen und Todesfälle, von denen vor allem Kinder unter fünf Jahren betroffen waren, auf eine Kombination von Infektionen durch respiratorische Viren, Malaria und einer starken Unterernährung zurückzuführen sind.
Mehr Details zum Ausbruchsgeschehen finden Sie im AGES-Radar für Infektionskrankheiten vom 19.12.2024.
Mitte Dezember meldeten chinesische Gesundheitsämter einen Anstieg von respiratorischen Infektionen. Unter anderem fiel dabei die Zunahme von Fällen von humanem Metapneumovirus (hMPV) bei unter 14-jährigen Kindern in Nordchina auf. Aufgrund der hohen Fallzahlen wurde die Surveillance von hMPV in China und angrenzenden Ländern ausgeweitet. Das ECDC (Europäische Zentrum für Prävention und Krankheitskontrolle) und die WHO sehen die Entwicklungen in China nicht als besorgniserregend. Der beobachtete Anstieg der Erregernachweise für Atemwegserkrankungen liegt in dem Bereich, der für diese Jahreszeit im Winter auf der Nordhalbkugel erwartet wird. Das hMPV zirkuliert regelmäßig auch in Europa, Stand 08.01.2025 zeigt die Überwachung der respiratorischen Erkrankungen keine unüblichen oder unerwarteten Muster für diese Zeit des Jahres (ECDC).
Das hMPV kann Infektionen der Atemwege auslösen. Symptome umfassen u. a. Husten, Fieber, und verstopfte Nase. Besonders bei jungen Kindern, älteren Menschen und Personen mit geschwächtem Immunsystem kann es zu schwereren Erkrankungen kommen.
Es gelten dieselben Empfehlungen wie für die anderen respiratorischen Viren: bei Symptomen zuhause bleiben, in überfüllten und/oder schlecht belüfteten Räumen Maske tragen, regelmäßig Hände waschen, in den Ärmel husten und Berührung der Schleimhäute an Mund, Nase und Augen mit den Fingern vermeiden. Es gibt keine Impfung und kein spezifisches Medikament zur Behandlung.
Trends of acute respiratory infection, including human metapneumovirus, in the Northern Hemisphere
Increase in respiratory infections in China
Human metapneumovirus (hMPV) infection
Am 06.01.2025 verzeichneten die USA einen Todesfall aufgrund von H5N1. Hierbei handelt es sich um den ersten Todesfall aufgrund von Aviärer Influenza in den USA. Die Person wurde mit einer schweren Atemwegserkrankung ins Krankenhaus aufgenommen, nachdem sie Kontakt zu Geflügel in ihrem Garten und Wildvögeln hatte. Die zuständige Behörde veröffentlichte keine Details zu der Person, außer, dass sie älter als 65 Jahre und gesundheitlich vorbelastet war.
Mit Stand 24.01.2025 wurden seit letztem Jahr 67 Fälle von Vogelgrippe bei Menschen in den USA gemeldet (CDC). Die meisten Infektionen lassen sich auf engen Kontakt mit Tieren zurückführen, entweder in Milchviehbetrieben oder auf Geflügelfarmen. Die Infektionen erfolgten entweder durch den bei Vögeln zirkulierenden H5N1 Genotyp D1.1 oder durch den bei Milchkühen zirkulierenden Genotyp B3.13. Der Todesfall hatte sich mit dem Genotyp D1.1 infiziert, derselbe, an dem auch ein kanadischer Teenager im November letzten Jahres sehr schwer erkrankte.
Der Ausbruch von Aviärer Influenza A(H5N1) bei Milchkühen in den USA ist seit März 2024 im Gange. Das Virus wurde hierbei erstmals in Kühen gefunden. Insgesamt wurden seit letztem Jahr bisher 937 Fälle von A(H5N1) bei Milchkühen in 16 Bundesstaaten nachgewiesen (USDA, Stand: 23.01.2025).
In Österreich wurde das A(H5N1)-Virus lediglich bei Geflügel und Wildvögeln detektiert. Informationen zu aktuellen Ausbrüchen finden Sie im AGES-Tierseuchenradar. A(H5N1)-Fälle bei Menschen und Rindern wurden nicht gemeldet.
Am 27.01.2025 meldete Großbritannien einen humanen A(H5N1)-Fall, der bei einem routinemäßigen Monitoring nach einem Ausbruch auf einer Geflügelfarm entdeckt wurde. Der Person geht es gut. Da die Ansteckung durch sehr engen Kontakt mit infizierten Vögeln geschehen ist, schätzt Großbritannien das Risiko für die restliche Bevölkerung als sehr gering ein.
Das Risiko für die allgemeine europäische Bevölkerung wird vom ECDC ebenfalls als niedrig eingeschätzt. Bei Personen mit Kontakt zu infizierten Tieren bzw. einer kontaminierten Umgebung, ist das Risiko niedrig bis moderat. Übertragungen auf den Menschen erfolgen weiterhin selten und auch Mensch-zu-Mensch-Übertragungen wurden noch keine beobachtet.
Für Hobby‑Geflügelhalter hat die AGES im Auftrag des Ministeriums Informationsvideos erstellt, die über Krankheitszeichen und Maßnahmen informieren.
Tansania bestätigte am 20.01.2025 einen Marburgvirus (MV)-Ausbruch in der nordwestlichen Region Kagera. Insgesamt wurden seit Dezember 2024 mit Stand 23.01.2025 zwei bestätigte und acht vermutete MV-Fälle gemeldet (ECDC). Ein bestätigter Fall und die acht vermuteten Fälle sind verstorben.
Das Marburg-Virus löst eine schwerwiegende Erkrankung aus, mit einer Todesrate von bis zu über 90 %, bei schneller und guter Versorgung der Patient:innen kann sie auch niedriger ausfallen. Übertragen wird das Virus hauptsächlich über direkten Kontakt mit Blut oder anderen Körperflüssigkeiten einer infizierten Person bzw. eines infizierten Tieres. Natürlicherweise kommt das Virus in Flughunden vor und kann von diesen auf den Menschen überspringen. Bis die Krankheit ausbricht, kann es zwischen 4 bis 21 Tage dauern. MV-Fälle sind erst ansteckend, wenn die ersten Symptome auftreten. Die Erkrankung beginnt abrupt mit hohem Fieber, schweren Kopfschmerzen und starken Blutungen.
Im derzeitigen Ausbruch werden ca. 300 Kontaktpersonen überwacht, von denen 16 direkten Kontakt zu bestätigten Fällen hatten. Am 21.01.2025 hat Tansania zudem Reiseempfehlungen veröffentlicht: Personen, die die betroffene Region Kagera verlassen, müssen einen Fragebogen ausfüllen; an Grenzübertritten und Flughäfen wird die Körpertemperatur gemessen.
Die WHO schätzt das regionale Risiko als hoch ein, da die Region Kagera in einem Transitknotenpunkt liegt mit erheblichen grenzüberschreitenden Bevölkerungsbewegungen nach Ruanda, Uganda, Burundi und in die Demokratische Republik Kongo. Das Risiko für den EU/EWR-Raum und Personen, die nach Tansania reisen wird vom ECDC als gering eingeschätzt. Der letzte Marburg-Virus-Ausbruch in der Region Kagera, Tansania, fand 2023 statt. Damals erkrankten neun Personen, sechs starben.
Communicable disease threats report, 18 - 24 January 2025, week 4
Thema des Monats
Im Jahr 2024 wurde ein Medikament zur Vorbeugung von HIV-Infektionen von einem Fachmagazin zum wissenschaftlichen „Durchbruch des Jahres“ ernannt. Es muss nur zwei Mal im Jahr injiziert werden und verhindert mit hoher Sicherheit eine Ansteckung. Doch wie steht es um HIV und AIDS in Österreich? Ist AIDS nicht längst dank medikamentöser Therapie besiegt?
Wer ist betroffen und können wir HIV stoppen?
In Österreich leben zwischen 8.400 und 9.000 Personen mit einer HIV-Infektion. Unbehandelt entwickelt sich eine solche Infektion zur Erkrankung AIDS. Seit 2001 werden die meisten HIV-Infizierten in Österreich im Rahmen einer Kohortenstudie behandelt. Das heißt, dass sich die Behandlungszentren zusammengetan haben und alle Betroffenen gemeinsam über ein einheitliches System betreut werden. So kann sichergestellt werden, dass Infizierte qualitätsgesichert auf Basis des aktuellen Wissens versorgt werden. Zudem wird so das Infektionsgeschehen beobachtet: Das bringt Erkenntnisse über Risikofaktoren und ermöglicht es, zielgerichtete Maßnahmen zu entwickeln. Dadurch wissen wir beispielsweise vom Problem der späten Diagnose: Besonders bei älteren Menschen wird HIV meist sehr spät festgestellt. Sie sind also einen gewissen Zeitraum über ansteckend, bevor sie selbst von ihrem Status wissen. Unter anderem aufgrund dieser späten Diagnosen, kommt es zu Neuinfektionen. Aktuell wird die durchschnittliche Dauer von der Infektion bis zur Diagnose in Österreich auf etwas mehr als drei Jahre geschätzt, oft kann sie deutlich länger sein. In diesem Zeitraum wird das Virus weitergegeben. Modellrechnungen zeigen, dass in Österreich die meisten HIV-Infizierten diagnostiziert sind, nämlich um die 96 Prozent.
Die Präexpositionelle Prophylaxe (PrEP) hilft, die Infektionsrate gering zu halten: Sie senkt für HIV-negative Personen die Wahrscheinlichkeit einer Ansteckung, der Sexualkontakt führt damit nicht zu einer Übertragung. PrEP kann bei korrekter Einnahme einer HIV-Infektion vorbeugen, im Gegensatz zum Kondom schützt sie aber nicht vor anderen sexuell übertragbaren Krankheiten.
Wenn das Virus durch Medikamente unterdrückt wird und nicht mehr nachweisbar ist, ist man nicht mehr ansteckend. Dadurch wäre es zumindest denkbar, mit Hilfe der antiretroviralen Therapie und der PrEP die Verbreitung von HIV zu stoppen. Noch gibt es dafür aber auch hierzulande zu viele Neuinfektionen. Gründe dafür sind unter anderem Spätdiagnosen und ein zu geringer Einsatz von PrEP. Seit April 2024 ist PreP kostenlos in Österreich erhältlich. Das anfangs erwähnte neue Medikament könnte hier weitere Fortschritte bringen.
AIDS ist nicht verschwunden
HIV-infizierte Personen erhalten eine antiretrovirale Therapie. Diese unterdrückt die Vermehrung der Viren. Die Behandlung kann zwar das Virus nicht komplett aus dem Körper verdrängen, doch die Erkrankung AIDS verhindern.
Mit Einführung der antiretroviralen Kombinationstherapien (ART) ist die Sterblichkeit deutlich gesunken. Haupttodesursachen sind inzwischen nicht mehr eine Komplikation durch AIDS, sondern Tumore, die nicht im direkten Zusammenhang mit AIDS stehen. Dazu zählt beispielsweise Lungenkrebs – der Anteil an Raucher:innen ist bei Personen mit HIV höher als in der Gesamtbevölkerung.
Trotz ART ist AIDS nicht verschwunden und auch in Österreich finden sich unter den Teilnehmer:innen der Kohorte alle Stadien einer HIV-Infektion: von HIV-Infizierten mit einer Virenbelastung unter der Nachweisgrenze bis hin zu an AIDS Erkrankten. (Fall- und Todeszahlen siehe Abbildung 1).
Neun Kliniken arbeiten in der HIV-Kohorte zusammen: AKH Wien, Klinik Penzing Wien, KH Innsbruck, KH Linz, LKH Graz, KH Salzburg, KH Klagenfurt, Klinik Favoriten Wien und KH Feldkirch. Die Verantwortung für die medizinische und wissenschaftliche Koordination liegt bei Robert Zangerle von der Medizinischen Universität Innsbruck, die AGES unterstützt finanziell und publiziert jährlich eine Zusammenfassung.
Wie wird HIV in Österreich übertragen?
Von den Teilnehmer:innen der Kohorte, die zwischen September 2022 und September 2023 im Austausch mit einer der oben genannten Kliniken waren, infizierten sich:
- 39 % durch heterosexuelle Kontakte
- 44 % über Männer, die Sex mit Männern haben (MSM)
- und 12 % über Drogeninjektionen (IDU - Injecting Drug Users)
Eine Übertragung von Mutter zu Kind ist heutzutage sehr selten, weil fast alle Schwangeren mit HIV-Infektion eine antiretrovirale Therapie erhalten, sodass eine Infektion beim Neugeborenen weitgehend ausgeschlossen bleibt.
HIV weltweit
Im Jahr 2023 lebten geschätzte 39,9 Millionen Menschen weltweit mit HIV. Ungefähr 630.000 Personen starben letztes Jahr an mit HIV in Verbindung stehenden Ursachen. Und geschätzte 1,3 Millionen Menschen haben sich 2023 mit HIV angesteckt.
Die sieben AIDS-Hilfe-Standorte in Österreich bieten anonyme und kostenlose HIV-Labor-Tests an, Termine können online vereinbart werden.
Meldungen
Seit Juni 2024 leitet mit Pamela Rendi-Wagner eine Österreicherin das ECDC. Am 24.01.2025 war sie zu Gast bei der AGES in Wien und hielt einen Vortrag zu „Pandemic Prepardness“, also der Vorbereitung auf die nächste Pandemie. Denn die kommt laut Rendi-Wagner bestimmt, „ob in fünf, 15 oder 50 Jahren.“
Neben dem Vortrag wurde das Treffen auch zur Vernetzung genutzt, Vertreter:innen des Ministeriums und der AGES konnten die zukünftige Zusammenarbeit mit dem ECDC mit der Direktorin besprechen. Schließlich ist internationale Kooperation einer der Schlüssel bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten. „Wir müssen schneller werden. Wir müssen besser zusammenarbeiten. Wir brauchen mehr Vertrauen der Bevölkerung", so Rendi-Wagner.
Nach fast 100 Jahren Bemühungen wurde Georgien von der WHO als malariafrei zertifiziert. In den 1920er Jahren litten dort noch ca. 30 % der Bevölkerung an Malaria. Erste Reduktionen wurden durch den zweiten Weltkrieg wieder zunichtegemacht. Neue Medikamente, das Sprühen von Insektiziden und die Überwachung der Moskitopopulationen konnten die Übertragung der Parasiten 1970 erfolgreich einschränken. Ein erneuter Ausbruch im Jahr 2002 mit 474 Fällen unterbrach die bis dahin 25 malariafreien Jahre. Mit 2005 starteten erneut intensive Interventionen, die die Inzidenz signifikant reduzierten. Der letzte einheimische Malariafall wurde 2009 registriert.
Mit Anfang 2025 hat das Ignaz Semmelweis Institut seine Arbeit aufgenommen. Hier arbeiten fünf Universitäten zusammen, um die Forschung in Österreich bezüglich Infektionserkrankungen weiter zu stärken: Medizinischen Universitäten Wien, Graz, und Innsbruck, die Johannes Kepler Universität Linz sowie die Veterinärmedizinischen Universität Wien.
Die Leitung hat Florian Krammer von der MedUni Wien.
Fachbegriff Epidemiologie
Die Kohorte ist eine bestimmte Personengruppe, die über einen bestimmten Zeitraum beobachtet, untersucht oder behandelt wird.
Wie im Thema des Monats dargestellt kann das beispielsweise die Gruppe der HIV-Infizierten in Österreich sein – sie werden als eine Kohorte in einem gemeinsamen System betreut und wissenschaftlich begleitet.
Ein anderes Beispiel wäre eine Geburtenkohorte. Dazu gehören alle, die im selben Jahr geboren sind. Der Vergleich verschiedener Geburtenkohorten kann beispielsweise die Entwicklung verschiedener Risikofaktoren nachzeichnen, wie etwa Übergewicht bei Schulkindern
Über das Radar
Das AGES-Radar für Infektionskrankheiten erscheint monatlich. Ziel ist es, der interessierten Öffentlichkeit einen raschen Überblick zu aktuellen Infektionskrankheiten in Österreich und der Welt zu geben. Die Krankheiten werden kurz beschrieben, die aktuelle Situation wird geschildert und, wo es sinnvoll und möglich ist, wird das Risiko eingeschätzt. Links führen zu tiefergehenden Informationen. Im "Thema des Monats" wird jeweils ein Aspekt zu Infektionskrankheiten genauer betrachtet.
Wie wird das AGES-Radar für Infektionskrankheiten erstellt?
Wer: Das Radar ist eine Kooperation der AGES-Bereiche „Öffentliche Gesundheit“ und Risikokommunikation.
Was: Ausbrüche und Situationsbewertungen von Infektionskrankheiten:
- National: Basierend auf Daten aus dem Epidemiologischen Meldesystem (EMS), der Ausbruchsabklärung und regelmäßigen Berichten der AGES und der Referenzlabore
- International: Basierend auf strukturierter Recherche
- Thema der Woche (Jahresplanung)
- Meldungen zu wissenschaftlichen Publikationen und Events
Weitere Quellen:
Akute infektiöse respiratorische Erkrankungen treten in der kalten Jahreszeit vermehrt auf, darunter COVID-19, Influenza und RSV. Diese Erkrankungen werden über verschiedene Systeme beobachtet, wie dem Diagnostischen Influenza Netzwerk Österreich (DINÖ), dem ILI-(Influenza-like-Illness)-Sentinel-System und dem Österreichischen RSV-Netzwerk (ÖRSN). Die Situation in den Krankenhäusern wird über das SARI-(Schwere Akute Respiratorische Erkrankungen)-Dashboard erfasst.
Österreichische Labore schicken SARS-CoV-2-Proben zur Sequenzierung an die AGES. Die Ergebnisse der Sequenzierung werden regelmäßig auf der AGES-Website veröffentlicht.
Für die internationalen Berichte werden Gesundheitsorganisationen (WHO, ECDC, CDC, …) Fachmedien, internationale Presse, Newsletter und Social Media routenmäßig beobachtet.
Für Infektionserkrankungen in Österreich erfolgt die Einschätzung der Situation durch die Expert:innen der AGES, ebenso für internationale Ausbrüche, für die keine Einschätzung von WHO oder ECDC vorliegen.
Disclaimer: Die Themen werden nach redaktionellen Kriterien ausgewählt, es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Anregungen und Fragen an: wima@ages.at
Da die Antwort auf Anfragen ebenfalls zwischen allen Beteiligten (Wissensmanagement, INFE, Risikokommunikation) abgestimmt wird, bitten wir um etwas Geduld. Eine Antwort erfolgt innerhalb einer Woche.
Das nächste AGES-Radar erscheint am 20.02.2025.
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Aktualisiert: 31.01.2025