AGES-Radar für Infektionskrankheiten - 27.06.2024

Zusammenfassung

Für SARS-CoV-2 wird im Abwasser und im Sentinel-System auf niedrigem Niveau eine Zunahme beobachtet.

Noch immer werden in Österreich vereinzelt neue Masern-Fälle gemeldet, insgesamt sind es heuer bereits 453. Die AGES aktualisiert wöchentlich die Fallzahlen und die Informationen zu Hospitalisierungen.

Im ersten Halbjahr 2024 wurden in Österreich bereits mehr als doppelt so viele Keuchhusten-Fälle gemeldet, wie im gesamten Jahr 2023. Eine Gesundheitsgefahr besteht besonders für die vulnerable Gruppe der Säuglinge im Alter von 0 bis 6 Monaten.

Im ersten Halbjahr 2024 ist die Zahl der Norovirusinfektionen stark gestiegen. Mitverantwortlich dafür könnte die Ausbreitung eines neuen Genotyps sein.

Im Thema des Monats ergründen wir Infektionskrankheiten in den beliebtesten Reisezielen der Österreicher:innen.

Ein weiterer Humanfall aviärer Influenza des Subtyps H5N1 wurde in den USA gemeldet, erstmals mit respiratorischen Symptomen. Mehrere EU/EWR-Mitgliedsstaaten beschaffen gemeinsam einen Impfstoff zum Schutz exponierter Berufsgruppen.

International sind die Ausbrüche von Parvovirus B19 und des Oropouche-Virus aufgefallen.

Situation in Österreich

In den letzten Wochen ist es im österreichischen Abwasser zu einem geringen Anstieg der SARS-CoV-2-Konzentration gekommen. Die Viruskonzentration im Abwasser ist weiterhin sehr niedrig. Im Sentinel-Überwachungssystem wird seit ein paar Wochen eine leichte Zunahme der COVID-19-Fälle beobachtet. Die Positivitätsrate liegt in den Sentinelproben in Kalenderwoche 25 bei knapp 10 %. In den stationären Krankenhausaufnahmen spiegelt sich diese Zunahme nicht wider, deren Werte befinden sich stabil auf niedrigem Niveau.

Auch in anderen Ländern Europas kann ein Anstieg der SARS-CoV-2-Aktivität beobachtet werden. Beispielsweise zeigen in Deutschland Auswertungen des GrippeWeb-Portals einen leichten Anstieg der COVID-19-Fälle (RKI, Stand: 21.06.2024). In Spanien erreichte der Anteil SARS-CoV-2-positiver Proben im Sentinel-System Anfang Juni über 30 %. Seit Kalenderwoche 24 scheint der Wert wieder zu sinken (SiVIRA, Stand: 26.06.2024).

Auch in den USA haben der Anteil positiver SARS-CoV-2 Untersuchungen und die Besuche in der Notaufnahme in den letzten Wochen leicht zugenommen, von einem geringen Niveau ausgehend (CDC, Stand: 21.06.2024).

Weltweit dominant sind derzeit die JN.1 Variante und deren Sublinien. Die Varianten KP.2 und KP.3 nehmen seit mehreren Wochen zu. Der Anstieg im Abwasser, sowie bei anderen Indikatoren kann derzeit nicht direkt mit diesen Varianten in Verbindung gebracht werden. Die abnehmende Immunität, sowie das schlechte Wetter der letzten Wochen in manchen Regionen können ebenfalls beeinflussende Faktoren sein.

Die Situation wird von den europäischen Ländern genau beobachtet. Sie wird derzeit als nicht besorgniserregend angesehen.

Coronavirus - AGES

erviss.org

 

Die Pertussis-Zahlen steigen in Europa deutlich an, Details dazu finden Sie im AGES-Radar vom 23.05.2023. Wie stark der Anstieg in Österreich ist, verdeutlicht die Grafik (siehe unten), in der die Inzidenz auf Halbjahre aufgeteilt ist.

Während im gesamten Vorjahr 2.791 Fälle gemeldet wurden, sind es heuer in der ersten Jahreshälfte bereits 6.625 (Stand: 26.06.2024).

Der starke Anstieg dürfte mehrere Gründe haben: z.B. tritt Pertussis in Europa periodisch in Wellen auf; der Anteil vollständig geimpfter Personen (einschließlich Auffrischungsimpfungen) ist nicht optimal, was die Ausprägung der Welle beeinflusst.

Die Impfung ist in Österreich im kostenfreien Impfprogramm enthalten. Die Grundimmunisierung im Säuglingsalter sollte im Volksschulalter aufgefrischt werden. Damit der Impfschutz aufrecht bleibt, sollte die Impfung danach auch im Erwachsenenalter regelmäßig, bis zum 60. Lebensjahr alle zehn Jahre und ab dem 60. Lebensjahr alle fünf Jahre, aufgefrischt werden. Die Pertussis-Impfung wird allen Personen empfohlen.

Um Säuglinge in den ersten Lebensmonaten zu schützen, wird insbesondere schwangeren Frauen im letzten Schwangerschaftsdrittel die Impfung nahegelegt, unabhängig vom Abstand zur letzten Pertussis-Impfung. Dadurch sind Neugeborene durch mütterliche Antikörper vor einer Infektion geschützt.

Weiterführende Informationen zur Pertussis-Impfung finden Sie im Impfplan Österreich 2023/2024 (sozialministerium.at).

Im Jahr 2024 wurden bisher 453 Masern-Fälle registriert. Die AGES aktualisiert hier wöchentlich die Daten. Die Zahl der Neuinfektionen ist seit einigen Wochen nur noch gering, dennoch muss weiterhin mit Meldungen gerechnet werden. Viele der neuen Fälle sind aus anderen europäischen Ländern importiert.

Informationen zur Masern-Mumps-Röteln-Impfung finden Sie im Impfplan Österreich 2023/2024 (sozialministerium.at).

 

Im ersten Halbjahr 2024 sind in Österreich schon beinahe gleich viele Norovirus-Fälle gemeldet worden, wie im gesamten Jahr 2023, nämlich über 2.000. Damit wird der ansteigende Trend fortgesetzt und heuer voraussichtlich übertroffen werden, der bereits vor der COVID-19-Pandemie zu beobachten war.

Insgesamt stellen die Zahlen zu den Noroviren eine große Untererfassung dar, u.a. da laut Epidemiegesetz lediglich virale Lebensmittelvergiftungen meldepflichtig sind.

Die meisten Meldungen entfallen auf Kinder unter 10 Jahren und die Gruppe der über 60-jährigen Personen.

Noroviren gelten weltweit als eine der häufigsten Ursachen für virusbedingte Infektionen des Magen-Darm-Traktes. Übertragen werden sie direkt von Mensch zu Mensch oder indirekt über kontaminierte Flächen, Gegenstände, Nahrungsmittel oder Wasser. Noroviren sind sehr ansteckend, bereits geringe Mengen (10-100 Viruspartikel) können zu einer Erkrankung führen.

Mitverantwortlich für den deutlichen Anstieg dürfte ein neuer Genotyp sein. Die Variante mit der Bezeichnung GII.17 ist in Österreich nachweislich für vier von elf Ausbrüchen verantwortlich. Laut Nationaler Referenzzentrale für Noroviren in Graz entfallen 30% aller sequenzierten Noroviren auf den Genotyp GII.17, der in den vorherigen Jahren selten nachgewiesen wurde. Auch in anderen Ländern Europas werden höhere Inzidenzen als üblich gemeldet, beispielsweise in Deutschland, Finnland oder Irland.

Es gibt keinen Impfstoff, der gegen Noroviren schützt. Die wichtigste vorbeugende Maßnahme ist die persönliche Händehygiene: gründliches Händewaschen vor dem Essen und nach jedem Toilettenbesuch.

Internationale Ausbrüche

Im derzeitigen Ausbruchsgeschehen von aviärer Influenza A(H5N1) bei Milchkühen in den USA sind aktuell 126 Herden in zwölf Bundesstaaten betroffen (Stand: 26.06.2024).

Seit Erscheinen des letzten AGES-Radar für Infektionskrankheiten (23.05.2024), wurde ein dritter Humanfall im Zusammenhang mit einem Ausbruch bei Milchkühen gemeldet. Dieser Patient ist erneut ein Mitarbeiter eines Milchviehbetriebs und weist neben Augenbeschwerden auch respiratorische Symptome (Husten ohne Fieber) auf (CDC, Stand: 30.05.2024). Das CDC schätzt das Gesundheitsrisiko für die allgemeine US-Bevölkerung durch die A(H5N1) weiterhin als gering ein (Stand: 14.06.2024). Das Risiko für beruflich oder anderweitig exponierte Gruppen wird als gering bis moderat eingestuft.

Seit März 2024 wurde der Gesundheitszustand von mind. 690 Personen in Zusammenhang mit dem Ausbruch bei Milchkühen in den USA überwacht und mind. 51 Personen auf Influenza A getestet (CDC, Stand: 24.06.2024).  

Neben Milchkühen kam es in den USA auch zur Detektion des H5N1-Virus in anderen Säugetierarten, u.a. bei Ziegen, Alpakas, Mäusen und Katzen. Bisher wurden im Zusammenhang mit dem Ausbruchsgeschehen in den USA mindestens 19 Katzen positiv auf das H5N1-Virus getestet, und zwar in Bundesstaaten, in denen das Virus auch bei Milchkühen gefunden wurde. Dabei wird eine Übertragung durch den Verzehr von Rohmilch vermutet. Bei den Katzen verlief die Erkrankung schwer und zeigte sich in neurologischen Symptomen, Augenausfluss und einer hohen Sterblichkeitsrate (AVMA, Stand: 24.06.2024). Auch Vögel sind in den USA weiterhin betroffen: Im Mai wurden 14 Ausbrüche bei Geflügel (mit 5,8 Millionen Tierverlusten) in fünf Bundesstaaten und einige Fälle bei Wildvögeln gemeldet (Risikoeinschätzung zur Hochpathogenen Aviären Influenza H5 (HPAI H5) Klade 2.3.4.4B (openagrar.de)). Die weite Verbreitung in Vögeln und das vermehrte Überspringen auf Säugetiere, ermöglicht es den Viren, sich zu verändern und an neue Wirte anzupassen.

In Europa gibt es keine Fälle von A(H5N1) bei Rindern oder Menschen. Die Entwicklungen in den USA ändern derzeit nicht die Risikoeinschätzung des ECDC für den EU/EWR-Raum: das Risiko einer Übertragung des Virus von Tieren auf die allgemeine EU/EWR-Bevölkerung wird als gering eingestuft, bei beruflich exponierten Gruppen wird von einem geringen bis moderaten Risiko ausgegangen.

Präventivmaßnahmen

Die USA entwickeln derzeit Impfstoffe gegen das aviäre Influenza A(H5N1)-Virus zum Schutz exponierter Personengruppen (CDC, Stand: 21.06.2024). In Europa beteiligen sich fünfzehn EU/EWR-Mitgliedsstaaten, darunter Österreich, an der Beschaffung eines Impfstoffs, der zum Schutz von Geflügelbetriebs- und Molkereimitarbeiter:innen, Tierärzt:innen und Labortechniker:innen eingesetzt werden soll (Europäische Kommission, Stand: 21.06.2024). Finnland startet als erstes Land mit einer Impfkampagne für Personen mit hohem Ansteckungsrisiko, darunter Geflügelzüchter:innen, Tierärzt:innen, Wissenschaftler:innen, die mit dem Virus arbeiten, und Arbeiter:innen auf Pelztierfarmen.

In Proben pasteurisierter Milch aus dem US-amerikanischen Einzelhandel konnte das Virusgenom nachgewiesen werden. Infektiös sind die Viren nach der Pasteurisierung nicht mehr. Vom Verzehr unpasteurisierter Milch wird, auch in Hinblick auf andere Krankheitserreger, abgeraten. Allgemein wird empfohlen, sich an die grundlegenden Regeln der Küchenhygiene zu halten, Fleisch und Eier ausreichend zu erhitzen und keine Rohmilch zu verzehren: Sicher kochen - AGES.

Weitere Informationen zur aviären Influenza in Österreich finden Sie im Tierseuchenradar.

H5N1 Bird Flu: Current Situation Summary | Avian Influenza (Flu) (cdc.gov)

Enhanced influenza surveillance to detect avian influenza virus infections in the EU/EEA during the inter-seasonal period (europa.eu)

Risikoeinschätzung zur Hochpathogenen Aviären Influenza H5 (HPAI H5) Klade 2.3.4.4B (openagrar.de)

Überwachungssysteme in 14 EU/EWR-Staaten beobachten seit Ende des Jahres 2023 eine Zunahme von Fällen von Infektionen bei Schwangeren mit Parvovirus B19. In Österreich sind Erkrankungen mit dem Parvovirus B19 nicht meldepflichtig. Dieses Virus ist der Erreger der Ringelröteln. Ringelröteln sind zumeist harmlos und eine durchgemachte Infektion erzeugt lebenslange Immunität. Steckt sich jedoch eine schwangere Frau an, kann dies für das ungeborene Kind lebensbedrohlich sein.

Sowohl das RKI als auch Expert:innen in Österreich gehen davon aus, dass die Maßnahmen im Zuge der COVID-19-Pandemie die Zahl der Infektionen stark gesenkt haben und daher nun europaweit die Fallzahlen steigen. Wenn weniger Menschen eine Infektion durchgemacht haben, sind mehr Menschen dafür empfänglich.

Das Europäische Zentrum für Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) hat daher am 5. Juni eine Risikobeurteilung veröffentlicht:

Für die Allgemeinheit ist das Risiko gering. Für Schwangere bis zur 20. Woche ist das Risiko gering bis moderat. Aber selbst hier hat die Mehrzahl der Infektionen keine negativen Folgen für das ungeborene Kind, weniger als 10 % der mütterlichen B19-Virus-Infektionen in den ersten 20 Schwangerschaftswochen führen zu Komplikationen.

Was können Schwangere tun? Es ist gar nicht so einfach im Alltag das Infektionsrisiko zu senken. Infizierte sind oft schon ansteckend, bevor sie Symptome haben und oft sind die Symptome so mild, dass sie nicht bemerkt werden. Das macht es schwierig Kontakt mit Infizierten zu vermeiden. Leicht umsetzbar ist eine gute Handhygiene: Regelmäßig die Hände mit Wasser und Seife waschen! Alkoholhaltige Händedesinfektionsmittel reichen hier nicht. Schwangere ohne Immunität oder nicht geklärter Immunität sollten keinen beruflichen Umgang mit Kindern im Vorschulalter haben.

Risks posed by reported increased circulation of human parvovirus B19 in the EU/EEA (europa.eu)

Italien meldete im Juni den ersten importierten Oropouche-Fall Europas. Es handelt sich dabei um einen Patienten, der sich wahrscheinlich auf einer Reise in Kuba angesteckt hatte. Nach seiner Rückkehr Ende Mai entwickelte er starke Symptome und wurde ins Krankenhaus eingeliefert, wo schlussendlich der Test auf das Oropouche-Virus (OROV) positiv ausfiel.

Kuba erlebt seit Mai den ersten Oropouche-Ausbruch in der Geschichte des Landes. In den Provinzen Santiago de Cuba und Cienfuegos wurden mit Stand 05.06.2024 insgesamt 74 Fälle gemeldet. Todesfälle wurden bisher keine registriert.

Beim Oropouche-Virus handelt es sich um ein Arbovirus, das von Gnitzen, kleine Mücken, übertragen wird. Das Virus zirkuliert in Zentral- und Südamerika, und war bisher vor allem im Amazonasbecken heimisch. Dieses Jahr steigen die OROV-Fälle markant an: Brasilien hat 2024 bereits über 5.000 Fälle gemeldet; im Vergleich zu 836 gemeldeten Fällen im Jahr 2023 stellt dies eine Versechsfachung dar (Science.org, Stand: 24.06.2024). Auch in Bolivien, Kolumbien und Peru werden Zunahmen der OROV-Fälle beobachtet. Dabei werden OROV-Fälle neuerdings in Gegenden registriert, in denen bisher noch keine OROV-Übertragungen stattgefunden hatten (PAHO, Stand: 24.06.2024).

Die anhaltende Dengue-Epidemie in Südamerika (sh. AGES-Radar Ausgaben Februar und März 2024) könnte dazu beitragen, dass so viele Oropouche-Fälle entdeckt werden. In der Vergangenheit testeten nur Labors in der Amazonasregion auf die Krankheit, im Jänner veranlasste Brasilien, landesweit 10 % der Proben jener Patient:innen zu testen, deren Symptome mit dem Oropouche-Fieber übereinstimmen, aber negativ auf Zika, Chikungunya und Dengue getestet wurden. Die Pan Amerikanische Gesundheitsorganisation (PAHO) hält auch die anderen Länder der WHO Region Amerika dazu an, die Überwachung zu intensivieren und Empfehlungen zur Diagnose von OROV umzusetzen.

Die Symptome einer Oropouchevirus-Infektion ähneln jenen von Dengue: es kommt u.a. zu Fieber, Kopfschmerzen, Schüttelfrost. Die meisten Patient:innen genesen ohne bleibende Schäden. Es gibt kein spezifisches Medikament oder Impfung.

Die Abholzung des Regenwaldes und der Klimawandel scheinen die Ausbreitung dieser Vektoren und damit der Erkrankung zu begünstigen. Die Überträger des Oropouche-Virus sind in Europa nicht heimisch.

Oropouche virus disease - Cuba (who.int)

Oropouche Fever in the Americas - Level 1 - Level 1 - Practice Usual Precautions - Travel Health Notices | Travelers' Health | CDC

The first imported case of Oropouche fever in Europe has been confirmed by the IRCCS of Negrar - IRCCS Sacro Cuore Don Calabria Hospital

Thema des Monats

Endlich Sommer und Erholung – auf in die beliebtesten Urlaubsdestinationen! Leider können dort verschiedenste Infektionskrankheiten lauern, oft übertragen von kleinen Plagegeistern. Das soll die Vorfreude nicht schmälern, ein paar Informationen können dabei helfen, das eine oder andere Risiko zu senken.

Die angeführten Infektionskrankheiten sind nicht unbedingt jene mit dem höchsten Risiko, sondern eine redaktionelle Auswahl. Weiterreichende Informationen über die Situation im Zielland finden Sie beispielsweise auf der Seite des Bundesministeriums für europäische und internationale Angelegenheiten bzw. lassen Sie sich von Ihrem Arzt bzw. Ihrer Ärztin beraten.

Österreich

In Österreich besteht das Risiko, sich über Zecken mit Krankheiten wie Borreliose oder Frühsommer‑Meningoenzephalitis (FSME) zu infizieren. Besonders, wenn während der Zeckensaison in Österreich geurlaubt wird und man in der Natur unterwegs ist. 

Ein aktuelles Forschungsprojekt der AGES untersucht von der Bevölkerung abgegebene Zecken auf Krankheitserreger. Stand 21.06.2024 wurde knapp ein Viertel (24,9 %) der 282 untersuchten Zecken positiv auf Borrelien getestet. Ein typisches Symptom von Borreliose ist der ringförmige, rote Hautausschlag, der häufig, aber nicht immer, auftritt. Derzeit gibt es keine Impfung gegen Borreliose, die Erkrankung wird antibiotisch behandelt. Wichtigste vorbeugende Maßnahme ist der Schutz vor Zeckenstichen. Ein rasches Entfernen der Zecke kann das Risiko einer Übertragung von Borrelien reduzieren.

Neben Borreliose ist die Frühsommer‑Meningoenzephalitis in Österreich die häufigste von Zecken übertragene Erkrankung. Österreich gehört in Zentraleuropa zu den am stärksten von FSME betroffenen Ländern. Daher ist die Impfung für alle in Österreich lebenden Personen und Reisende empfohlen.

Kroatien

Für die Wälder im Norden Kroatiens gilt ähnliches wie für Österreich: Sie sind ein FSME-Risikogebiet. Wer dort in der Natur unterwegs ist, sollte auf einen aktuellen Impfschutz achten.

Zum Schutz vor Zeckenstichen ist Prävention wesentlich: tragen Sie lange Kleidung und suchen Sie den Körper regelmäßig auf Zecken ab.

Mehr Informationen finden Sie unter: Zecken Informationen - AGES

Italien

In Norditalien kam es letztes Jahr im August zu insgesamt 14 Dengue-Fällen, bei denen die Ansteckung tatsächlich vor Ort passiert ist (AGES-Radar 05.10.2023). Das heißt, mit Dengue-Viren infizierte Stechmücken kommen in Italien bereits vor. Ähnliches gilt für einige Gebiete in Frankreich. Eine Impfung wird Reisenden nicht pauschal empfohlen, ein guter Schutz vor Stechmücken ist hingegen angeraten: Lange Kleidung, Moskitonetze und Anti-Gelsen-Mittel. Das reduziert auch das Risiko für andere von Stechmücken übertragene Erkrankungen, wie etwa West-Nil-Fieber; davon gab es im Jahr 2023 Fälle zumindest in den Regionen Piemont, Lombardei, Venetien, Emilia-Romagna, Apulien, Sizilien und Sardinien.

Dengue und West-Nil-Virus sind auch in den beliebten Sommerreisezielen Spanien und Frankreich in einigen Regionen präsent. Es ist davon auszugehen, dass sich sowohl Erreger als auch ihre Vektoren im Zuge des Klimawandels weiter ausbreiten werden.

Griechenland

In den Sommermonaten kann es in Griechenland zu saisonalen Ausbrüchen von West‑Nil‑Fieber kommen. Im Jahr 2023 wurden in Griechenland 162 West-Nil-Virus (WNV)-Fälle gemeldet, davon 23 Todesfälle (ECDC, Stand: 13.12.2023) Das WNV wird durch den Stich infizierter Stechmücken übertragen. Etwa 80 % der Fälle beim Menschen verlaufen asymptomatisch. Es gibt keinen vorbeugenden Schutz oder virusspezifische Behandlung einer WNV-Infektion beim Menschen, nur eine Behandlung der Symptome. Daher ist das Vermeiden von Gelsenstichen das beste Mittel zur Vorbeugung von Infektionen.

Das ECDC überwacht die West-Nil-Virus-Fälle in Europa und aktualisiert die Zahlen am Dashboard wöchentlich: Surveillance of West Nile Virus infections in humans, weekly report (europa.eu) und WNV Dashboard (europa.eu)

Griechenland: Reise- und Sicherheitshinweise - Auswärtiges Amt (auswaertiges-amt.de)

Thailand

Das ECDC registrierte für das Jahr 2023 in Europa vermehrt Zikavirus-Fälle unter Reiserückkehrer:innen aus Thailand. Die Feststellung einer relativ hohen Zahl importierter Fälle in den letzten Monaten deutet wahrscheinlich auf eine anhaltende Übertragung des Zika-Virus in Thailand hin. Im Jahr 2024 waren von neun Zikavirus-Betroffenen in Österreich acht zuvor in Thailand gewesen. Das Zika-Virus wird vorrangig durch tagaktive Aedes-Mücken übertragen, auch eine sexuelle Übertragung ist möglich. Die meisten Fälle verlaufen mild, bei einer Infektion während der Schwangerschaft besteht allerdings das Risiko von Fehlbildungen und Früh- bzw. Fehlgeburt. Es gibt keine Impfung. Präventiv sollten Mückenstiche vermieden werden, Details dazu finden Sie unten in den Tipps. Bei sexuellen Kontakten wird, auch in Hinblick auf andere sexuell übertragbare Erkrankungen, die Nutzung eines Kondoms empfohlen.

Epidemiologisches Bulletin 20-21/2024 (rki.de)

Communicable disease threats report, 21-27 January 2024, week 4 (europa.eu)

Türkei

Die Türkei gilt als Tollwut-Hochrisikogebiet. Es wird empfohlen, insbesondere den Kontakt mit Straßenhunden und -katzen zu vermeiden. Das Tollwutvirus wird durch den Speichel von infizierten Tieren, in den meisten Fällen durch einen Biss, übertragen, und führt fast immer innerhalb von 14 Tagen nach Erkrankungsbeginn zum Tod. Reisende sollten sich daher bereits vorab über die aktuelle Tollwut-Situation im Zielland erkundigen. Der Österreichische Impfplan empfiehlt die präexpositionelle Tollwutimpfung für Reisende in Länder mit hohem Tollwutrisiko, insbesondere für reisende „pet addicts“ und Kinder. Die Ärztin oder der Arzt klärt Sie über die Impfung, den passenden Impfstoff sowie das dazugehörige Impfschema auf.

Die AGES ist im Jahr 2005 zur Tollwutberatungsstelle ernannt worden. Die Ärzt:innen der AGES sind an 365 Tagen pro Jahr für Fragen zur Tollwut erreichbar: Tollwutberatungsstelle - AGES

Tipps:

Wer im Urlaub gestochen (oder gebissen) wird und danach erkrankt, sollte die Stechmücke (oder Zecke) als mögliche Ursache mitbedenken, erzählen Sie ihrem Arzt/ihrer Ärztin also, wo sie wann gestochen wurden. Wenn Sie zusätzlich auch noch wissen, was genau sie gestochen hat, umso besser.

Impfschutz auf Reisen | Gesundheitsportal

Informationen zu Gelsen & Stechmücken, sowie deren Vermeidung, finden Sie unter: Infos zu Gelsen & Stechmücken - AGES

In zahlreichen Ländern ist der Schutz vor Stechmücken eine wirkungsvolle Präventionsmaßnahme vor Erkrankungen. Neben langer Kleidung und Moskitonetzen sind richtig angewendete Insektenabwehrmittel (Repellents) wirksam, um Stiche zu vermeiden: Effektive Produkte enthalten entweder den Wirkstoff Diethyltoluamid (= DEET) oder Icaridin in unterschiedlichen Konzentrationen. Bei beiden gilt, dass die Konzentration im Insektenmittel zumindest bei 20 % liegen sollte, geringere Konzentrationen helfen nicht. DEET ist bereits länger erfolgreich im Einsatz. Icaridin hat den Vorteil, weniger über die Haut aufgenommen zu werden und Kunststoff nicht anzugreifen. Sowohl bei DEET als auch bei Icaridin sollte man darauf achten, dass sie nicht ins Gewässer gelangen, da sie giftig für Lurchlarven sind. Wichtig ist, die Packungsbeilage zu beachten und sich im Zweifelsfall ärztlich beraten zu lassen.

Das Repellent sollte auch dem Anlass entsprechend gewählt werden. Bei Tropenreisen, mit einem hohen Risiko von durch Gelsen übertragene Krankheitserreger sollte ein Mittel mit sehr hoher Wirksamkeit verwendet werden. In Österreich, hauptsächlich zum Schutz vor lästigen Stichen, reicht im Normalfall auch ein schwächeres, dafür etwas besser verträgliches Repellent.

Der einzige empfohlene Wirkstoff natürlichen Ursprungs ist im Öl des Zitroneneukalyptus zu finden, welches auch künstlich hergestellt werden kann. Es ist etwas schwächer in seiner Wirkung, dafür gut verträglich.

 

Meldungen

Im Sommer kommt es vermehrt zu Begegnungen mit Stechmücken. Die kostenlose Mosquito Alert App ermöglicht es aus diesen eher unerwünschten Zusammenkünften etwas Positives zu generieren. Über das Citizen Science Projekt, das seit 2020 europaweit läuft, kann die Bevölkerung Tigermücken und andere Stechmücken via App melden. Dies ermöglicht es, die Populationen der Stechmückenarten im Auge zu behalten und bei Neuentdeckungen rasch zu handeln.

Mehr Informationen zu dem Projekt finden Sie unter: Mosquito Alert - AGES und Mosquito Alert

 

Seit dem 14.06.2024 findet in Deutschland die Fußball-Europameisterschaft statt. Bei solchen Großveranstaltungen, wie u.a. auch dem Hadsch (die islamische Pilgerfahrt nach Mekka) oder den im Sommer in Frankreich stattfindenden olympischen Spielen, wird die Situation u.a. auch von den örtlichen Gesundheitsinstituten in Zusammenarbeit mit ECDC und WHO überwacht. Aufgrund der Zusammenkunft einer großen Anzahl an Personen steigt das Risiko der Übertragung von Infektionskrankheiten. Auch nicht-übertragbare Gesundheitsrisiken, wie beispielsweise durch Hitze, Drogen und Alkohol nehmen während solcher Veranstaltungen zu. Bisher wurden im Rahmen der UEFA EURO 2024 keine relevanten Ereignisse in Zusammenhang mit übertragbaren Krankheiten festgestellt (ECDC, Stand 24.06.2024).

Für die aktuell stattfindende UEFA EURO 2024 haben WHO und ECDC zusammen mit dem Deutschen Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) Empfehlungen veröffentlicht: Public health advice UEFA EURO 2024 (europa.eu) Darunter finden sich u.a. Handlungsempfehlungen zum Schutz vor Hitze, als auch eine Auflistung wichtiger Notfalltelefonnummer in Deutschland.  

Mass gatherings and infectious diseases, considerations for public health authorities in the EU/EEA (europa.eu)

 

Fachbegriff Epidemiologie

Wenn es nicht gelingt, die Ausbreitung einer Viruserkrankung zu stoppen, Containment (siehe AGES Infektionsradar-Ausgabe vom 23.05.2024) als Strategie nicht ausreicht, dann gilt es, die Folgen des epidemischen Geschehens so gut wie möglich abzufedern: Die Mitigationsstrategie versucht bei einer Epidemie oder Pandemie das Tempo der weiteren Ausbreitung zu verlangsamen. Das kann durch Sperrmaßnahmen geschehen, wie beispielsweise Schulschließungen oder die Einschränkung großer Events. Aber auch Maßnahmen wie Distanz halten oder Masken gehören zur Mitigationsstrategie.

 

Über das Radar

Das AGES-Radar für Infektionskrankheiten erscheint monatlich. Ziel ist es, der interessierten Öffentlichkeit einen raschen Überblick zu aktuellen Infektionskrankheiten in Österreich und der Welt zu geben. Die Krankheiten werden kurz beschrieben, die aktuelle Situation wird geschildert und, wo es sinnvoll und möglich ist, wird das Risiko eingeschätzt. Links führen zu tiefergehenden Informationen. Im "Thema des Monats" wird jeweils ein Aspekt zu Infektionskrankheiten genauer betrachtet.

Wie wird das AGES-Radar für Infektionskrankheiten erstellt?

Wer: Das Radar ist eine Kooperation der AGES-Bereiche „Öffentliche Gesundheit“ und Risikokommunikation.

Was: Ausbrüche und Situationsbewertungen von Infektionskrankheiten:

  • National: Basierend auf Daten aus dem Epidemiologischen Meldesystem (EMS), der Ausbruchsabklärung und regelmäßigen Berichten der AGES und der Referenzlabore
  • International: Basierend auf strukturierter Recherche
  • Thema der Woche (Jahresplanung)
  • Meldungen zu wissenschaftlichen Publikationen und Events

Weitere Quellen:

Akute infektiöse respiratorische Erkrankungen treten in der kalten Jahreszeit vermehrt auf, darunter COVID-19, Influenza und RSV. Diese Erkrankungen werden über verschiedene Systeme beobachtet, wie dem Diagnostischen Influenza Netzwerk Österreich (DINÖ), dem ILI-(Influenza-like-Illness)-Sentinel-System und dem Österreichischen RSV-Netzwerk (ÖRSN). Die Situation in den Krankenhäusern wird über das SARI-(Schwere Akute Respiratorische Erkrankungen)-Dashboard erfasst.

Österreichische Labore schicken SARS-CoV-2-Proben zur Sequenzierung an die AGES. Die Ergebnisse der Sequenzierung werden regelmäßig auf der AGES-Website veröffentlicht. 

Für die internationalen Berichte werden Gesundheitsorganisationen (WHO, ECDC, CDC, …) Fachmedien, internationale Presse, Newsletter und Social Media routenmäßig beobachtet.

Für Infektionserkrankungen in Österreich erfolgt die Einschätzung der Situation durch die Expert:innen der AGES, ebenso für internationale Ausbrüche, für die keine Einschätzung von WHO oder ECDC vorliegen.

Disclaimer: Die Themen werden nach redaktionellen Kriterien ausgewählt, es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.

Anregungen und Fragen an: wima@ages.at

Da die Antwort auf Anfragen ebenfalls zwischen allen Beteiligten (Wissensmanagement, INFE, Risikokommunikation) abgestimmt wird, bitten wir um etwas Geduld. Eine Antwort erfolgt innerhalb einer Woche.

Das nächste AGES-Radar erscheint am 25.07.2024.

Aktualisiert: 27.06.2024