Futtermittelzusatzstoffe
Futtermittelzusatzstoffe Information und Zulassungsverfahren
Futtermittelzusatzstoffe sind ein wichtiges Hilfsmittel in der Tierernährung, um Rezepturen dem leistungsorientierten Nährstoffbedarf der Tiere anzupassen. Darüber hinaus erfüllt diese Produktgruppe auch moderne politische Vorgaben, wie z. B. die Verbesserung von Nachhaltigkeit und Umweltschutz, indem sich individuelle Schwachstellen größerer Rezepturkomponenten ausgleichen lassen und damit auch die Ausscheidung von wertvollen Nährstoffen, wie Stickstoff oder Phosphor minimiert werden kann. Zum besseren Verständnis könnte man bei Zusatzstoffen im Zusammenhang mit der Tierernährung von Mikrokomponenten sprechen, während die Einzelfuttermittel bzw. Futtermittelausgangserzeugnisse als Hauptbestandteile eines Mischfuttermittels die Makrokomponenten darstellen.
Definitionen
Nach dem Futtermittelrecht sind Zusatzstoffe in der Definition für Futtermittel enthalten, aufgrund der diversen Besonderheiten werden sie aber gesondert dargestellt. Die historisch erste umfangreiche rechtliche Zusammenfassung der gängigen Zusatzstoffe erfolgte mit der Richtlinie 70/524/EWG, die erst mehr als drei Jahrzehnte später durch die aktuelle Zusatzstoffverordnung (EG) 1831/2003 abgelöst wurde. Die derzeit gültige Definition für Zusatzstoffe lautet: „Futtermittelzusatzstoffe“ sind Stoffe, Mikroorganismen oder Zubereitungen, die keine Futtermittel-Ausgangserzeugnisse oder Vormischungen sind und bewusst Futtermitteln oder Wasser zugesetzt werden, um insbesondere eine oder mehrere der in Artikel 5 Absatz 3 genannten Funktionen zu erfüllen. Im Vergleich dazu werden Futtermittel gemäß Verordnung (EG) 178/2002 folgendermaßen beschrieben: „Futtermittel“ sind Stoffe oder Erzeugnisse, auch Zusatzstoffe, verarbeitet, teilweise verarbeitet oder unverarbeitet, die zur oralen Tierfütterung bestimmt sind.
Eine weitere wichtige Definition ist jene der „oralen Tierfütterung“: Dabei handelt es sich um die Aufnahme von Futtermitteln in den tierischen Verdauungstrakt durch das Maul bzw. den Schnabel, um den Nahrungsbedarf der Tiere zu decken oder die Produktivität von normal gesunden Tieren aufrechtzuerhalten. Neben einer gesonderten Regelung in der Verordnung (EG) 767/2009 ist dieser Text die Basis dafür, dass neben sonstigen irreführenden Behauptungen alle Aussagen zu Wirkungen von Futtermittelzusatzstoffen in Richtung Prävention oder Therapie von Krankheiten unzulässig sind, sofern sie nicht den Anwendungsbereich von kokzidiosen Abwehrstoffen (Kokzidiostatika) betreffen oder jenen der Futtermittel für bestimmte Ernährungszwecke (Diätfuttermittel) nach Verordnung (EU) 2020/354.
Zulassung
Zusatzstoffe sind die einzige Produktgruppe innerhalb der Futtermittel, für die eine Zulassung benötigt wird. Zu diesem Zweck ist es erforderlich, einen entsprechenden Antrag an die Europäische Kommission zu richten und diesem die erforderlichen bzw. gemäß Verordnung (EG) 429/2008 erstellten Antragsunterlagen beizulegen. Das in der Folge ablaufende Verfahren folgt einem bestimmten Zeitplan, ein Zeithorizont bis zum Vorliegen einer Zulassungsverordnung ist jedoch schwer abzuschätzen. Erfahrungsgemäß ist ein Verfahren kaum vor Ablauf eines Jahres erledigt und kann sich auch über mehrere Jahre hinziehen. Für Details und weitere Informationen die Zulassung betreffend ist die Internetseite des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit in Deutschland zu empfehlen.
Kategorien und Gruppen
Futtermittelzusatzstoffe sind eine sehr umfangreiche und heterogene Gruppe, die in fünf Kategorien unterteilt wird, die ihrerseits wieder aus diversen Funktionsgruppen bestehen (vollständige Aufgliederung siehe Anhang I der Verordnung (EG) 1831/2003):
- technologische Zusatzstoffe (Konservierungsstoffe, Antioxidantien, Bindemittel, Emulgatoren, Stabilisatoren, Geliermittel, Silierzusatzstoffe, Fließhilfsstoffe, Trennmittel, Stoffe zur Reduktion der Mykotoxinbelastung (Mykotoxinreduzierer), Hygienisierungsmittel, etc.),
- sensorische Zusatzstoffe (an Produkten umfangreichste Kategorie der Farb- und Aromastoffe),
- ernährungsphysiologische Zusatzstoffe (Vitamine, Spurenelemente, Aminosäuren, Harnstoff, etc.),
- zootechnische Zusatzstoffe (Verdaulichkeitsförderer, Darmstabilisatoren, Stoffe, die die Umwelt günstig beeinflussen, sonstige zootechnische Zusatzstoffe und Mittel zur Stabilisierung des physiologischen Zustandes),
- Kokzidiostatika und Histomonostatika (derzeit nur Kokzidiostatika zugelassen).
Die Zuordnung eines Zusatzstoffes zu Kategorie und Funktionsgruppe ist anhand der Identifikationsnummer recht einfach zu erkennen: So beginnen beispielsweise Silierzusatzstoffe immer mit der Zeichenfolge 1k, Bindemittel mit 1g und Vitamine mit 3a. Eine übersichtliche Darstellung aller derzeit zugelassenen Zusatzstoffe mit den verlinkten Original-Zulassungsverordnungen enthält das EU-Zusatzstoffregister. Zu beachten ist dabei, dass das Register selbst nur informellen Charakter besitzt, rechtlich bindend sind nur die jeweiligen Zulassungsverordnungen.
Ergänzend zum Register ist auszuführen, dass in diesem auch Produkte angeführt sind, die noch die alten E-Nummern oder nur Ziffern tragen. Das bedeutet aber nicht, dass alle Lebensmittelzusatzstoffe ebenfalls zulässig wären oder dass Gruppen, wie die phytogenen Aromastoffe grundsätzlich verwendbar sind. Bei diesen „Altprodukten“ handelt es sich vielmehr um Zusatzstoffe, für die vor dem 8. November 2010 ein Antrag auf Zulassung als Futtermittelzusatzstoff eingebracht werden musste und für die im Zuge der Neubewertung aller Zusatzstoffe das Verfahren noch nicht abgeschlossen werden konnte. Folglich dürfen nur solche Produkte bis zum Abschluss der Neubewertung weiterhin verwendet werden, für die ein Zulassungsantrag und die nötigen Antragsunterlagen vorliegen.
Verwendungszweck:
Hinsichtlich des Verwendungszwecks sind einige Punkte zu beachten, auf die hier anhand einiger Beispiele eingegangen wird.
- Für Bindemittel (1g) ist die Definition nach Anhang I der Zusatzstoffverordnung maßgeblich, nach der es sich um technologische Stoffe handelt, die die Tendenz der Partikel eines Futtermittels, haften zu bleiben, erhöhen. Es geht hier ausschließlich um die Beeinflussung der Futtermittelqualität. Folglich ist es nicht zulässig, im Zusammenhang mit solchen Produkten deren Bindung von Stoffwechselprodukten, Schadgasen oder Toxinen zu bewerben, da dies ein Verstoß gegen den zulässigen Verwendungszweck und die Zulassungsbedingungen wäre.
- Zusatzstoffe zur Minderung der Belastung mit Mykotoxinen (1m) dürfen in einem Mischfutter auch als Mykotoxinreduzierer bezeichnet werden. Der Einsatz dieser Produkte ist jedoch nur dann erlaubt, wenn im betreffenden Mischfuttermittel der futtermittelrechtliche Richt- oder Grenzwert für das jeweilige Mykotoxin eingehalten wird. Zusätzlich ist es unzulässig, den Begriff Toxinbinder im Rahmen der Produktkennzeichnung zu verwenden.
- Stoffe, die sich günstig auf die Umwelt auswirken: In dieser Funktionsgruppe gibt es mit 3-NOP (3-Nitro-Oxy-Propanol, 4c1) erst ein zugelassenes Produkt. Angebliche Wirkungen betreffend die Bindung von Schadgasen unterschiedlicher Art (Ammoniak, Methan, etc.) im Zusammenhang mit anderen Stoffen, wie z. B. Tonmineralien oder Aromastoffen sind somit nicht erlaubt.
- Mittel zur Stabilisierung des physiologischen Zustandes: Hier gibt es noch kein zugelassenes Produkt, es liegen aber erste Anträge vor mit dem Ziel, z. B. CBD als Zusatzstoff zur Verbesserung der Widerstandsfähigkeit gegen Stressfaktoren einzusetzen. Im Zusammenhang mit Stress sei an dieser Stelle auch auf einen entsprechenden besonderen Ernährungszweck (Diätfuttermittel) für Hunde und Schweine verwiesen, der bei Einhaltung der diesbezüglichen rechtlichen Anforderungen in Anspruch genommen werden kann.
Abgrenzung
Immer wenn es um Zusatzstoffe geht, spielt auch die Abgrenzung zu anderen Produkten oder gar Rechtsmaterien eine wichtige Rolle. Oftmals steht die Behörde in der Praxis vor der Herausforderung, unter Beachtung aller objektiven Informationen ein Produkt einem futtermittelrechtlichen Verwendungszweck zuzuordnen. Um diese Problematik systematisch abzuklären, kann mit Hilfe von Prüffragen vorgegangen werden (modifiziert nach Dr. Sabine Kruse, deutsches Landwirtschaftsministerium):
Ist der Stoff unter Berücksichtigung des objektiven Verwendungszweckes (ergibt sich aus der wissenschaftlich begründeten Beurteilung der Wirkungen, die mit dem Stoff erreicht werden können, unabhängig davon, ob diese Wirkungen offengelegt behauptet oder beabsichtigt sind) als Zusatzstoff im Sinne der Verordnung (EG) Nr. 1831/2003 anzusehen?
Prüfung anhand des Registers der Futtermittelzusatzstoffe oder im Falle nicht zugelassener Produkte durch Abgleich mit den Funktionsgruppen nach Anhang I der Zusatzstoffverordnung.
- Ist der Stoff unter Berücksichtigung des objektiven Verwendungszweckes als Tierarzneimittel anzusehen?
- Prüfung anhand der Definition für Tierarzneimittel gemäß Artikel 4 der Verordnung (EU) 2019/6 und der Kollisionsnorm gemäß Artikel 3 der gleichen EU-Verordnung.
- Hier sind sowohl pharmakologisch unstrittige, als auch behauptete Wirkungen einzubeziehen. Die Kollisionsnorm besagt im Wesentlichen, dass bei nicht eindeutiger Zuordnung Futtermittelzusatzstoff oder Arzneimittel das Arzneimittelrecht Vorrang hat.
- Ist der Stoff als Futtermittelausgangserzeugnis bzw. Einzelfuttermittel zu betrachten?
Prüfkriterien sind der Einzelfuttermittelkatalog in Form der Verordnung (EU) 68/2013, das Einzelfuttermittelregister und die Positivliste der Normenkommission für Einzelfuttermittel im Zentralausschuss der Deutschen Landwirtschaft. Ein Einzelfuttermittel muss der entsprechenden Definition entsprechen und demnach einen nennenswerten Beitrag zur Nährstoffversorgung eines Tieres liefern oder sich günstig auf den Verdauungstrakt oder dessen Eubiose auswirken.
Toleranzen und Kennzeichnung
Bei Zusatzstoffen und Vormischungen (Mischung aus zwei oder mehr Zusatzstoffen oder zumindest ein Zusatzstoff mit einem Trägerstoff) ist zusätzlich erwähnenswert, dass die gesetzlichen Toleranzen gemäß Anhang IV der Verordnung (EG) 767/2009 nicht anwendbar sind, da diese nur für Einzel- und Mischfuttermittel gelten. Praktische Auswirkung dieses Umstandes ist ein geringerer Spielraum bei der Vermarktung dieser Produkte, da im Falle einer Kontrolle durch die Futtermittelüberwachungsbehörden nur die analytische Messunsicherheit der verwendeten Untersuchungsmethode den zulässigen Bereich der Abweichung vom deklarierten Gehalt vorgibt. Kennzeichnungsbestimmungen für Zusatzstoffe und Vormischungen finden sich in Artikel 16 der Zusatzstoffverordnung.
Für den Landwirt und die Landwirtin zu beachten:
Bei der Verwendung von Zusatzstoffen ist darauf zu achten, dass bestimmte rechtliche Vorgaben erfüllt werden:
- Beim Zukauf von Mischfutter gibt es keine Vorgaben, welche Zusatzstoffe in diesen enthalten sein dürfen.
- Wenn der Landwirt oder die Landwirtin nur Primärproduzent gemäß Verordnung (EG) 183/2005 über die Vorgaben zur Futtermittelhygiene ist, darf er oder sie nur Silierzusatzstoffe zukaufen und für die Silierung einsetzen.
- Für die eigene Herstellung von Mischfutter mit diversen Zusatzstoffen oder Vormischungen gibt es erhöhte Dokumentationsverpflichtungen in Form einer Aufzeichnungspflicht über die bezogenen und verwendeten Produkte, die Rezeptur der hergestellten Mischung und die bestimmungsgemäß Verwendung des produzierten Mischfutters. In diesem Fall dürfen Aminosäuren, Harnstoff, Aromastoffe, Emulgatoren, Antioxidantien ohne Höchstgehalt, Konservierungsstoffe, Säureregulatoren, Bindemittel, sowie Fließ- und Gerinnungshilfsstoffe eingesetzt werden. Zusätzlich gilt unter diesen Vorgaben, dass die LFBIS-Nummer weiterhin ausreicht für die Registrierung als Futtermittelunternehmer und die Futtermittelkontrolle durch die Landeskontrollbehörde, meist sind das die zuständigen Amtstierärzte der Bezirksverwaltungsbehörden durchgeführt wird.
- Bei Verwendung anderer, als unter Punkt 2 und 3 genannter Zusatzstoffe (z. B. Vitamine, Spurenelemente, Enzyme, Mikroorganismen) oder Vormischungen, die solche Zusatzstoffe enthalten zur eigenen Mischfutterproduktion ist eine Registrierung oder gar Zulassung beim Bundesamt für Ernährungssicherheit (BAES) erforderlich und dann unterliegt der betroffene Landwirt bzw. die betroffene Landwirtin auch der Kontrolle dieser Bundesbehörde. Es gibt derzeit nur sehr wenige Betriebe, die beim BAES registriert sind (z. B. HBLFA Raumberg-Gumpenstein) und keinen landwirtschaftlichen Betrieb in Österreich, der eine Zulassung hat.
- Zusatzstoffe dürfen immer nur unter jenen Bedingungen eingesetzt werden, für die sie laut Zulassungsverordnung zugelassen sind. Das umfasst einerseits die Zieltierart, für die das Produkt bestimmt ist und auch die jeweilige Futterart, für die der Zusatzstoff beantragt wurde. In der Regel ist der Einsatz nur in Mischfutter gestattet, die Verwendbarkeit in Einzelfuttermittel oder über das Tränkewasser muss explizit angeführt sein. Weiters ist für einzelne Zusatzstoffe in den Zulassungsbedingungen vorgeschrieben, dass sie nur als Vormischung in das Mischfutter eingebracht werden dürfen. Dabei geht es insbesondere um Produkte, die bei inhomogener Einmischung ein höheres Gesundheitsrisiko verursachen können (z. B. Spurenelementverbindungen).
Praktische Beispiele
Hinsichtlich des praktischen Einsatzes ist zu beachten, dass jeder Verwendungszweck eines Zusatzstoffes den Zulassungsbedingungen entsprechen muss. Nachfolgend werden dazu einige Beispiele angeführt mit zulässigen Mehrfachanwendungen:
- Ameisensäure (1k236) ist als Silierzusatzstoff, als Konservierungsstoff und als Hygieneverbesserer zugelassen,
- Propionsäure (1k280, E280) als Konservierungsstoff, Aromastoff und Silierzusatzstoff,
- Bentonit (1m558i) als Bindemittel und Mykotoxinreduzierer,
- Klinoptilolith (1g568) als Bindemittel und Fließhilfsstoff,
- Zitronensäure (1a330) als Konservierungsstoff und Säureregulator,
- Cystein (3c392), Histidin (3c352), Isoleucin (3c381) und Arginin (3c363) als Aromastoff und Aminosäure,
- Taurin als Aromastoff (2b16056) und vitaminähnliche Substanz (3a370).
Im Gegensatz dazu sind nachfolgende Varianten nicht erlaubt, weil bestimmte Anwendungen nicht zugelassen sind:
- Klinoptilolith (1g568) darf nicht zur Verbesserung der Umwelt (durch reduzierte Schadgase) oder als Mykotoxinreduzierer eingesetzt und beworben werden. Dieser Zusatzstoff ist zudem nur für die Zugabe in Mischfutter mit bis zu 1 % (10.000 mg/kg) im Alleinfutter, bezogen auf 88 % Trockenmasse zugelassen und darf daher auch nicht in Wasser oder Milch eingemischt werden;
- diverse als Silierzusatzstoffe zugelassene Mikroorganismenstämme (Funktionsgruppe 1k) sind nicht als zootechnische Zusatzstoffe („Probiotika“) verwendbar,
- Mischungen synthetischer oder natürlicher Aromastoffe (Funktionsgruppe 1a) stellen Vormischungen dar, die aber ohne Zulassungsverfahren nicht zur Verbesserung der Umwelt (Schadgasreduktion, Funktionsgruppe 4c) oder als zootechnischer Zusatzstoff (Funktionsgruppe 4d) eingesetzt werden dürfen. Als Beispiel für einen zugelassenen zootechnischen Zusatzstoff kann das Produkt 4d15 genannt werden, das neben den Aromastoffen Thymianöl und Sternanisöl eine Saponinquelle enthält.
Natürliche Gehalte
Abschließend wird auf den Umstand hingewiesen, dass Zusatzstoffe von Natur aus in diversen Einzelfuttermitteln enthalten sind und somit zusatzstoffähnliche Wirkungen entfalten können. Bekannte Beispiele dafür sind Pflanzenöle mit Vitamine E oder tierische Nebenprodukte mit Vitamin D. Ebenso finden sich in vielen Makrokomponenten unterschiedliche Spurenelementanteile oder essentielle Aminosäuren. Hier ist bei Einsatz und Bewerbung darauf zu achten, dass die eigentliche Funktion eines Einzelfuttermittels als Nährstofflieferant oder die positive Wirkung auf die Verdauung im Vordergrund stehen muss, andere Vorteile oder Effekte für die Tierernährung können quasi in Form einer „Nebenwirkung“ angeführt werden, wenn diese durch wissenschaftliche Daten (Literatur, Studien) belegbar ist. Problematisch wird es hinsichtlich der futtermittelrechtlichen Einordnung dann, wenn Einzelfuttermittel ausschließlich mit Wirkungen in Verbindung gebracht werden, die einen zulassungspflichtigen Verwendungszweck für Zusatzstoffe oder gar Arzneimittel darstellen. Als Beispiele dafür können angeblich positive Wirkungen auf die Umwelt durch Schadgasbindung/-vermeidung diverser Holzprodukte (z. B. Lignozellulose) oder Heilversprechungen durch Kräuter (-bestandteile oder -mischungen) genannt werden.
Unterstützung
Sollte es Zweifel seitens der Hersteller:innen und Anwender:innen hinsichtlich des gesetzeskonformem Einsatz und der Verwendung von Zusatzstoffen bzw. Einzelfuttermitteln mit Zusatzstoffwirkung geben, empfehlen wir eine Kontaktaufnahme mit der AGES Institut für Tierernährung und Futtermittel (futtermittel@ages.at) oder der Futtermittelüberwachungsbehörde (BAES).
Ethoxyquin in Futtermitteln
Ethoxyquin ist eine chemische Verbindung, die antioxidative Eigenschaften aufweist. Das heißt sie verhindert das Ranzigwerden von Fetten und verzögert den Abbau von Vitaminen wie Vitamin A, Vitamin E, Carotinoiden usw. Seit den 1950-er Jahren wurde Ethoxyquin als Antioxidans in Futtermitteln eingesetzt. Als technologischer Zusatzstoff war es im Futtermittelzusatzstoffregister mit der Kennnummer E 324 aufgenommen und mit einem Höchstwert von 150 mg/kg Alleinfuttermittel für alle Tierarten, mit Ausnahme von Hunden (100 mg/kg), zugelassen.
Aufgrund der unklaren Datenlage zur Toxizität von Ethoxyquin wurde dessen Zulassung als Futtermittelzusatzstoff mit 28.6.2017 außer Kraft gesetzt.
Futtermittel, die bestimmte Zusatzstoffzubereitungen aus fettlöslichen Vitaminen und verwandten Produkten und Ethoxyquin enthalten, dürfen seit dem 31.12.2018 nicht mehr verwendet werden. Alle übrigen Futtermittel, die den Zusatzstoff Ethoxyquin enthalten, dürfen seit dem 28.3.2018 nicht mehr verwendet werden.
Futtermittel, die Ausgangserzeugnisse wie Trockenalgen, Fische, andere Wassertiere und daraus gewonnenen Erzeugnisse enthalten, können Ethoxyquin enthalten und durften noch bis zum 30.6.2020 verwendet werden.
Gemäß der neuen Zusatzstoff-Verordnung musste für den Zusatzstoff innerhalb von sieben Jahren ein Antrag auf Zulassung gestellt und alle relevanten Zulassungsunterlagen übermittelt werden. Aufgrund der unklaren Datenlage hinsichtlich der Toxizität von Ethoxyquin konnte eine Sicherheitsbewertung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) im Oktober 2015 die Unbedenklichkeit des Zusatzstoffes nicht bestätigen.
Für ein Zwischenprodukt von Ethoxyquin, Ethoxyquinquinonimin, konnten nicht genügend Daten hinsichtlich der Genotoxizität (mögliche Schädigung der Erbsubstanz) vorgelegt werden. Des Weiteren gilt eine Verunreinigung mit einem anderen Zwischenprodukt aus dem Herstellungsprozess (p-Phenetidin) als ein mögliches Mutagen. Ein Mutagen verursacht eine bleibende Änderung am Erbgut.
Auch hinsichtlich des tatsächlichen Gefährdungspotentials für den Menschen sowie des Auftretens von Zwischenprodukten ist die Datenlage nicht ausreichend. Ethoxyquin lagert sich bevorzugt in fetthaltigem Gewebe ab. Bei einem übermäßigen Konsum von (fetthaltigem) Fisch, in dessen Fettgewebe sich Ethoxyquin angereichert hat, könnte eine potentielle Gefährdung für den Menschen gegeben sein.
Ethoxyquin wird derzeit durch andere Antioxidantien, wie z. B. Butylhydroxyanisol (BHA, E 320) und Butylhydroxytoluol (BHT, E 321) ersetzt. Das Vorkommen von Ethoxyquin in Futtermitteln wird durch die zuständigen Behörden in der Europäischen Union im Rahmen der Futtermittelkontrollen überprüft und überwacht.
Wozu werden Antioxidantien benötigt?
Futtermittelausgangserzeugnisse wie beispielsweise Fischmehl und Fischöl haben einen hohen Fettsäureanteil. Diese reagieren mit Sauerstoff. In Kombination mit höheren Temperaturen können sie sich entzünden bzw. explodieren. Beim Transport, z. B. auf Containerschiffen, kommen daher Antioxidantien zum Einsatz, um mögliche Explosionen zu verhindern.
Aber auch bei anderen Erzeugnissen, die der Futtermittelherstellung dienen und fettlösliche Vitamine enthalten, kam Ethoxyquin zum Einsatz. Bis zum Ende der Zulassung als Pflanzenschutzmittel im Jahr 2011 wurde Ethoxyquin außerdem zum Schutz vor Schalenfäule bei Birnen in Glashäusern verwendet.
Kontakt
Leitung
Dipl. Ing. Irmengard Strnad
- futtermittel@ages.at
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Aktualisiert: 28.06.2023