Silphium perfoliatum L.
Silphium perfoliatum L. (Durchwachsene Silphie) kommt ursprünglich vom Südosten Kanadas und vom Osten der Vereinigten Staaten (NATURESERVE 2010). Im 18. Jahrhundert wurde sie erstmals nach Europa, in die westliche UdSSR, gebracht.
Silphium perfoliatum L. gehört zur Familie der Asteraceae und ist eine ertragreiche, hochwüchsige und perennierende (ausdauernde) C3-Pflanze.
Im ersten Vegetationsjahr wird nur eine Blattrosette mit zwölf bis vierzehn Blättern gebildet. Im zweiten Jahr wachsen die Pflanzen bereits ab Anfang April weiter und es bilden sich zahlreiche vierkantige beblätterte Stängel aus, die eine Länge von bis zu drei Metern erreichen und den Boden vollständig bedecken. Je Stängel werden etwa acht bis zehn Blüten-Körbchen gebildet, die leuchtend gelb blühen.
Nektar und Pollen werden von vielen Insekten, Wild- und Honigbienen als Nahrungsquellen genutzt (DANIEL und ROMPF 1994, NEUMERKEL und MÄRTIN 1982). Die Pflanze stellt keine hohen Ansprüche an das Klima, den Boden und die Vorfrucht (CHRESTENSEN, 2010).
Rohstoffproduktion
Bestandesbegründung / Kulturführung
Zurzeit wird eine Pflanzung mit Jungpflanzen (vier Pflanzen/m²) empfohlen (CHRESTENSEN 2010). Eine Direktsaat ist derzeit aufgrund verschiedener ungelöster Probleme (geringe Keimfähigkeit der Samen bzw. geringe Konkurrenzkraft der Jungpflanzen, langsame Jugendentwicklung, fehlende Saattechnologie) noch nicht praxisreif (CONRAD et al. 2010).
Im ersten Jahr erfolgt das Anwachsen sehr langsam, sodass eine Unkrautregulation erforderlich ist (mechanisch bzw. chemisch, mit registrierten Präparaten). Ab dem zweiten Jahr ist im Regelfall keine Unkrautbekämpfung mehr nötig.
Der Krankheits- und Schädlingsdruck ist nach derzeitigem Wissensstand gering. Ein Befall durch unspezifische pilzliche Schaderreger (z. Bsp. Sclerotinia) ist in ungünstigen Jahren bei größeren Anbauflächen und in Abhängigkeit von der Vorfrucht möglich.
Ernte und Aufbereitung
Für die Biogaserzeugung erfolgt im Regelfall die Ernte gegen Ende der Blüte und zu Beginn der Samenreife (ca. Anfang bis Ende September, Trockensubstanzgehalt etwa 25% bis 30%) mit einem herkömmlichen, reihenlosen Feldhäcksler geerntet und anschließend siliert.
Potential des Rohstoffes
Ertragspotential
Wirtschaftliche Erträge werden ab dem zweiten Vegetationsjahr erzielt. Die Ertragsangaben sind sehr unterschiedlich. Laut DANIEL und ROMPF 1994 bringt Silphium perfoliatum L. im Knospenstadium (Anfang Juni) Erträge von 16 t TM/ha bis 27,4 t TM/ha. Nach der Blüte können Erträge von 27,4 t TM/ha bis zu 36,6 t TM/ha erwartet werden.
Laut CHRESTENSEN 2010 liegt das Ertragspotential ab dem zweiten Anbaujahr zwischen 13 t TM/ha und 18 t TM/ha. NEUMERKEL und MÄRTIN 1982 kamen bei ihren Versuchen auf einen maximalen TM-Ertrag von 19 t/ha (im Mittelwert von fünf Jahren).
CONRAD et al. 2010 ermittelten einen theoretischen Methangehalt von etwa 300 bis 350 l/kg oTS [organische Trockensubstanz] und einen Methangehalt im Biogas von etwa 57%. In Abhängigkeit vom TM-Ertrag pro Hektar ergibt sich ein Methanertrag zwischen 6000 bis 8000 m³/ha/a-1.
Ökologisches Potential / Diversität der Kulturlandschaft
Das Landschaftsbild ist in vielen Landstrichen sehr stark von den vorherrschenden Kulturpflanzen geprägt, wodurch die Landschaft sehr monoton wirkt und die Akzeptanz in der Gesellschaft sinkt. Silphium perfoliatum L. könnte demzufolge ein wichtiges Landschaftselement mit ihren gelben, attraktiven Blüten darstellen und die Kulturlandschaft auflockern. Eine Ausweitung des Fruchtartenspektrums durch Silphium perfoliatum L. würde des Weiteren wesentliche Vorteile für die Biodiversität, der Nachhaltigkeit des Bodens, des Grundwasserschutz und für die Verminderung der Bodenerosion darstellen. Durch den Anbau dieser mehrjährigen Kulturpflanze wird eine Menge an Ernte- und Wurzelrückständen dem Boden zugeführt und die Bodenruhe, die während der vieljährigen Nutzungsdauer besteht, führt zu einer Humusakkumulation (VDLUFA, 2004). Auch der Pflanzenschutzmittelaufwand verringert sich.
Der Anbau von Silphium perfoliatum L. ergäbe zusätzlich eine wesentliche Erweiterung und Bereicherung des Pollen- und Nektarangebotes im Hoch- und Spätsommer und würde die Nahrungsgrundlage für Honig- und Wildbienen, sowie für andere blütenbesuchende Insekten verbessern. Das Angebot einer reichhaltigen und über die ganze Vegetationsperiode vorhandenen Futterquelle und Nistmöglichkeit ist sehr wichtig für den Erhalt einer artenreichen Fauna (WESTRICH, 1990; BANASZAK, 1996; STEFFAN-DEWENTER und SCHIELE, 2008). Eine arten- und individuenreiche Wildbienen- und Honigbienenfauna gewährleistet zudem die Bestäubung der verschiedenen Kultur- und Wildpflanzen (LASALLE und GAULD, 1993; WILLIAMS, 1996) und fördert so die Ertragssicherheit in der Landwirtschaft, sowie die Erhaltung einer artenreichen Flora an Blütenpflanzen.
Literatur
BANASZAK J (1996) Ecological bases of conservation of wild bees. In: MATHESON A, BUCHMANN S L, O’TOOLE C, WESTRICH P, WILLIAMS I H (eds) The Conservation of Bees. Academic Press, London: 55-62.
CHRESTENSEN, N. L. (2010): Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum). Broschüre. Erfurt: Chrestensen.
DANIEL, P. und ROMPF, R. (1994): Possibilities and limits in the utilisation of Silphium perfoliatum as a fodder plant, renewable raw material and a landscape conservatio-plant. Agribiological research – Zeitschrift für Agrarbiologie Agrikulturchemie Ökologie 47. 345-353.
KOVACS, P. (2008): Ways of achieving competitive gaseous transportation fuel (biomethane) production through anaerobic fermentation of selected energy plants grown in Hungary. Wien: Master Thesis an der Technischen Universität Wien.
LASALLE, J. und GAULD, I.D. (1993): Hymenoptera: their diversity, and their impact on the diversity of other organisms. In: LASALLE, J. und GAULD, I.D. (s.a.): Hymenoptera and biodiversity. CAB International, Oxon, New York, 1-26.
NATURESERVE (2010): Silphium perfoliatum L. [URL: www.natureserve.org/explorer/servlet/NatureServe] (01.02.2011).
NEUMERKEL, W. und MÄRTIN, B. (1982): Die Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum L.) – eine neue Futterpflanze. Archiv für Acker- und Pflanzenbau und Bodenkunde 26. 261- 271.
SOKOLOV, V.S. und GRITSAK, Z.I. (1972): Silphium – a valuable fodder and nectariferous crop. World Crops 24 (6). 299 – 301.
SONTHEIMER, A. (2007): Alternativen lassen hoffen. Biogas Journal 3. 42-45.
STANFORD, G. (1990): Silphium perfoliatum (cup-plant) – as a new forage. Proceedings of the Twelfth North American Prairie Conference. 33-38.
STEFFAN-DEWENTER, I. und SCHIELE, S. (2008): Do Resources or natural enemies drive bee population dynamics in fragmented habitats? Ecology 89(5), 1375-1387.
WESTRICH, P. (1989): Die Wildbienen Baden-Württembergs. Stuttgart: Ulmer Verlag.
WILLIAMS, H.W. (1996): Aspects of bee diversity and crop pollination in the European Union. In: MATHESON, A.; BUCHMANN, S.L.; O´TOLLE, C.; WESTRICH, P. und WILLIAMS, I.H. (s.a.): The conservation of Bees. London: Academic Press. 63-80.
Forschungsprojekt "Bioenergy-Silphium"
Erhöhung der Biomasseproduktion durch Silphium perfoliatum L. zur energetischen Verwertung in Österreich
Silphium perfoliatum L. ist eine mögliche Alternative zu den bisher dominierenden Energiepflanzen. Ihr Potential wird im Projekt Bioenergy-Silphium unter österreichischen Bedingungen erforscht.
Projekthintergrund
Aufgrund der Energiepolitik der Europäischen Gemeinschaft gewinnt die Erzeugung von Energie aus nachwachsenden Rohstoffen an Bedeutung und führt zur Ausweitung der Anbauflächen dominierender Energiepflanzen. Die Folge sind vermehrter Schädlings- und Krankheitsbefall und erhöhte Umweltbelastungen. Der zwangsweise Rückgang der Flächen für die Nahrungs- und Futtermittelproduktion führt zu Spannungen am Lebensmittelmarkt. Um dieses zu minimieren, braucht es Alternativen.
Silphium perfoliatum L. könnte so eine Alternative sein, da sie eine ertragsstarke, mehrjährige, anspruchslose Pflanze ist die auch auf Nichtackerflächen (Brach-, Kommunalflächen, ehemaligen Abraum- bzw. Deponieflächen, etc.) und erosionsgefährdeten Flächen (u.a. Hanglagen) kultiviert werden kann. Damit ließen sich die verfügbaren Flächen für die Produktion von Biomasse-Rohstoffen erhöhen, ohne die Flächen für die Futter- und Nahrungsmittelproduktion einzuschränken.
Projektkurzbeschreibung
Bis dato liegen noch keine wissenschaftlich fundierten Ergebnisse aus Anbauversuchen von Silphium perfoliatum L. unter österreichischen Klimabedingungen vor. Aufbauend auf den Ergebnissen der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft wurden im Projekt Bioenergy-Silphium Lösungsansätze konzipiert, um die Potentiale hinsichtlich Biomasse- und Energieertrag vermehrt auszuschöpfen. Gleichzeitig wird das Ziel der Minimierung des Bodenabtrags (Erosion), der Belastung der Grund- und Oberflächenwässer durch Nährstoffeintrag und Pflanzenschutzmittel, sowie der Emissionsbelastungen verfolgt.
Projektdaten
Forschungsthema: Nachhaltige Pflanzenproduktion
Akronym: Bioenergy-Silphium
Projektlaufzeit: 04/2012 – 03/2016
Projektleitung: Dr. Josef Mayr, AGES
Förderstelle/Forschungsprogramm: Klima- und Energiefonds (FFG) / Neue Energien – 5. Ausschreibung
Dieses Projekt wird aus Mitteln des Klima- und Energiefonds gefördert und im Rahmen des Programms „NEUE ENERGIEN 2020“ durchgeführt.
Projektpartner
- Österreichische Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit GmbH
- Universität für Bodenkultur Wien
- Biogas Strem Errichtungs- und Betriebs GmbH
Das Projektteam "Bioenergy-Silphium"
Projektziele
Das zentrale Ziel des Projektes „Bioenergy-Silphium“ ist die Steigerung der Bioenergieproduktion durch Einsatz von Silphium perfoliatum L. zur Erhöhung der in Österreich für die energetische Verwertung nachhaltig verfügbaren Biomasse, ohne die bestehenden Flächen zur Nahrungs- bzw. Futtermittelgewinnung einzuschränken.
Daraus folgend wurden folgende Projektziele abgeleitet:
- Bestandesetablierung durch Pflanzung in drei ackerbaulich begünstigten Klimazonen und in einer Grenzertragslage des Ackerbaues, sowie die Entwicklung eines qualitativ hochwertigen Saatgutes für eine zeit- und kostensparende Bestandesbegründung mit handelsüblichen Sämaschinen
- Feststellung des Biomassepotentials auf den unterschiedlichen Standorten und bei unterschiedlichen Erntevarianten
- Erhebung des Energiepotentials der produzierten Biomasse (Biogas, thermische Energie, Ethanol)
- Untersuchung ausgewählter umweltrelevanter Faktoren wie CO2-Emission, Erosionsstabilität, Eintrag von Nitrat und gelöster Stoffe in Oberflächengewässer sowie ins Sicker- und Grundwasser
- Ökonomische Evaluierung der Daten zur Biomasseproduktion von S. perfoliatum im Vergleich mit anderen Energiepflanzen
Abgesehen von der erhöhten Biomasseproduktion und der Nichtkonkurrenz mit der zur Ernährungssicherung nötigen Flächen, kommen weitere ökologische und gesellschaftspolitische Vorzüge hinzu, wie:
- Reduktion des Bodenabtrags (Erosionsschutz)
- Verbesserung der Wasserspeicherfähigkeit
- Förderung der Humusbildung durch Bodenruhe
- Reduzierung des Risikos der Grundwasser- und Emissionsbelastungen durch ganzjährige Bodenbedeckung und Bodenruhe
- reduzierter Pflanzenschutzmitteleinsatz durch den geringen Krankheits- und Schädlingsdruck und der unkrautunterdrückenden Eigenschaften
- Erhöhung der Biodiversität (Refugium für Insekten, Bienenweide)
- Auflockerung des Landschaftsbildes aufgrund der langen Blühperiode mit ihren gelben, attraktiven Blüten
Ergebnisse
Detaillierte Informationen zu den Projektergebnissen erhalten Sie auch in den Downloads am Ende dieser Seite. Publikationen zu diesem Thema finden Sie in unserer Publikationsdatenbank.
Bestandesbegründung (Pflanzung/Saatguttechnologie)
Das Hemmnis der arbeits- und kostenintensiven Bestandesbegründung durch Pflanzung konnte mit der Entwicklung der Saattechnologie deutlich reduziert werden. Die Saatgutqualität wurde durch eine gezielte Aufbereitung des geernteten Saatgutes verbessert, der Feldaufgang und die Säbarkeit wurden durch Vorbehandlung und Pillierung gesteigert, sodass in Zukunft eine Saat mit einer herkömmlichen Sämaschine zur Erzielung zufriedenstellender Feldaufgänge möglich ist.
Bestandesführung
Für optimale Bestände sind bis zu fünf mechanische Unkrautbekämpfungen erforderlich. Bei unzureichender Unkrautbekämpfung im Anlagejahr ist diese im darauffolgenden Frühjahr entsprechend zu wiederholen. Aus heutiger Sicht sind keine wirtschaftlichen Schäden aufgrund von Pflanzenschädlingen und Pathogenen zu erwarten, da die Befallshäufigkeit sehr gering ist und durch die Ernte der Ganzpflanze das Inokulumpotential wesentlich reduziert wird. Deshalb beschränken sich, bei gelungener Unkrautbekämpfung im Anlagejahr, die weiteren Kulturführungsmaßnahmen nur mehr auf die Düngung.
Biomasseertragspotential
Die Biomasseerträge in den Ertragsjahren (ab dem zweitem Vegetationsjahr) waren standörtlich unterschiedlich und bewegten sich zwischen 7,88 und 24,94 t TM ha-1 Jahr-1. Die höchsten Biomasseerträge wurden auf den günstigen Standorten Grabenegg und Schönfeld gemessen. Die erhobenen Werte waren vergleichbar mit den ermittelten Maiserträgen am selben Standort. Hirschstetten und Strem erreichten standortbedingt geringere Biomasseerträge. Zurückzuführen ist das auf die vorherrschende ungenügende Wasserführung auf diesen Böden. Die auf diesen Standorten stark erhöhten Bodeneindringwiderstände im den oberen Bodenschichten (0 - 15 cm) im Frühjahr könnten einen zusätzlichen Einfluss auf den Ertrag genommen haben.
Die Erträge der Zweischnitt-Varianten lagen über denen der Einschnitt-Varianten, mit Ausnahme des Standortes Grabenegg im Jahr 2013. Die Einschnitt-Variante erscheint praktikabler, da zu dem Zeitpunkt das Erntegut einen höheren Trockensubstanzgehalt als bei der Zweischnitt-Variante aufweist und eine bessere Silierung ermöglicht. Zudem können die ökologischen Vorzüge (Bienenweide, Erosionsminderung, etc.) von S. perfoliatum länger genutzt werden.
Energetische Verwertung
Auf Standorten mit hohen Biomasseerträgen (Grabenegg, Schönfeld) und bei der Wahl des optimalen Erntezeitpunktes reicht der Methanertrag pro Hektar an jenen des Maises heran. Die Verarbeitung zu Bioethanol wird, wegen der um 64% geringeren Ausbeute als bei Maisstroh, nicht empfohlen. Eine thermisch-energetische Verwertung ist aufgrund des hohen Aschegehaltes, sowie der relativ hohen Stickstoff-, Schwefel- und Chlorgehaltswerte im Erntegut abzulehnen.
Evaluierung ausgewählter Umweltparameter
Besonders hervorzuheben sind die umweltrelevanten Vorzüge von S. perfoliatum-Beständen wie die deutlich geringe Erosionsgefahr in den Ertragsjahren, die Möglichkeit der Kultivierung ohne chemische Pflanzenschutzmittel, die rasche Aufnahme des Stickstoffes und der damit unterbundenen Auswaschung in Grund- und Oberflächenwässer, die Tendenz der CO2-Bindung im Boden, die Erhöhung der Biodiversität infolge der zusätzlichen Alternativkultur sowie die Attraktivität der Blüten für Honigbienen über die lange Blühperiode von 2,5 Monaten.
Ökonomische Verwertung
Die Deckungsbeiträge von Mais sind derzeit, bezogen auf die Biogasproduktion, höher als bei S. perfoliatum. Die Gründe liegen in den hohen Kosten der Bestandesbegründung von S. perfoliatum durch Pflanzung. Um mit Mais konkurrenzfähig sein zu können, müssen die Kosten für die Bestandesbegründung je nach Standort um bis zu 50% reduziert werden. Mit der Bestandesbegründung durch Saat wird dieses Ziel erreicht.
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Aktualisiert: 10.10.2023