Gesundheit für Mensch, Tier & Pflanze

Klimawandel und Zoonosen: Neues Labor in Mödling

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Zoonosen sind ein wachsendes Problem für die Öffentliche Gesundheit, die Lebensmittelsicherheit und Tiergesundheit. Um diesen Herausforderungen wissenschaftlich zu begegnen, wird an unserem Standort Mödling ein neues, hochmodernes Zoonosenlabor gebaut.

Aviäre Influenza, Coronavirus (Sars-CoV-2) oder West Nil Virus – neben Klimawandel und Antibiotika-resistenten Keimen zählen zoonotische Infektionskrankheiten zu den größten gesundheitlichen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts. Um diesen Herausforderungen wissenschaftlich zu begegnen, wird am AGES Standort Mödling ein neues, hochmodernes Zoonosenlabor gebaut. „Zoonosen sind ein wachsendes Problem für die Öffentliche Gesundheit, die Lebensmittelsicherheit und Tiergesundheit. Mit dem neuen Zoonosenlabor werden die Voraussetzungen geschaffen, die Expertise der AGES bei der Überwachung sowie Erforschung weiter zu verstärken“, so die AGES Geschäftsführer Thomas Kickinger und Anton Reinl beim Spatenstich mit Vertreter:innen des Gesundheitsministeriums und Mödlings Bürgermeister Hans Stefan Hintner.

Wenn Tiere Menschen krank machen - Gefahr durch Zoonoseerreger steigt

„Die nächste Pandemie wird kommen, wir wissen nur nicht wann und durch welchen Erreger, aber wir können besser vorbereitet sein", betonte Friedrich Schmoll, Geschäftsfeldleiter der AGES Tiergesundheit den Nutzen des neuen Zoonosenlabors. 60 Prozent aller humanen Krankheitserreger sind Zoonosen, also vom Tier auf Menschen übertragbar. „Für die Veterinär- und Public Health-Behörden ist es entscheidend, schnell Untersuchungsergebnisse zur Verfügung zu haben, um entsprechende Maßnahmen für die Prävention oder Bekämpfung einleiten zu können.“ Unter Zoonosen versteht man Infektionskrankheiten, die von Bakterien, Parasiten, Pilzen, Prionen oder Viren verursacht werden und wechselseitig zwischen Tieren und Menschen übertragen werden – durch direkten Kontakt, über Lebensmittel oder durch Vektoren. Ein Vektor ist ein Organismus, zum Beispiel eine Zecke oder eine Stechmücke, der einen Krankheitserreger von einem Wirtsorganismus zu einem anderen transportiert. Durch Vektoren übertragene Krankheiten machen weltweit mehr als 17 Prozent aller Infektionskrankheiten aus.

Klimawandel mit Einfluss auf Zoonosen und Vektoren wie Gelsen und Zecken

Der Klimawandel wirkt sich auch auf diese Krankheitserreger aus: Krankheitsüberträger können sich in neue Gebiete ausbreiten, da hier günstige Bedingungen für ihre Vektoren eintreten. Wenn die Temperaturen in Österreich steigen, können sich hier auch Erreger aus wärmeren Gebieten besser ansiedeln. Ein aktuelles Beispiel ist das Virus des West-Nil-Fiebers. Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA hat 2023 zehn prioritäre Infektionskrankheiten benannt, die in näherer Zukunft von Bedeutung auch hierzulande sein werden. Darunter fallen auch Krankheiten wie das Rifttal-Fieber, eine Viruserkrankung von Nutzieren wie Schafen, Kühen und Ziegen, die über Stechmücken aber auch auf den Menschen übertragen werden kann. Derzeit tritt das Rifttal-Fieber in Europa zwar noch nicht auf; wie die Blauzungenkrankheit oder das Schmallenberg-Virus vor einigen Jahren gezeigt haben, können sich Ausbrüche eines „neuen“ Erregers aber sehr schnell in ganz Europa verbreiten.

„Gerade durch den Klimawandel könnten durch Zecken oder Gelsen übertragbare Krankheiten wie das West Nil– oder Dengue-Fieber zunehmen und können im neuen Zoonosenlabor verstärkt beforscht werden“, so Sigrid Kiermayr, Abteilungsleiterin für übertragbare Erkrankungen und Seuchenbekämpfung im Gesundheitsministerium. Um Krankheitsausbrüche einzudämmen verfolgt die Wissenschaft inzwischen ein ganzheitliches Konzept, "One Health" genannt: Die Gesundheit von Menschen ist eng verbunden mit jener der Tiere, die Umwelt wiederum beeinflusst die Tierwelt. „Der Schlüssel bei der Bekämpfung von Zoonosen liegt in diesem ‚One Health‘-Ansatz: Die Gesundhaltung von Tieren kommt auch den Menschen zu Gute. Ein erfolgreiches Beispiel, wie ein ganzheitlicher Ansatz für Tiere und Menschen gute Ergebnisse erzielen kann, ist die de facto Ausrottung der Tollwut in Österreich“, sagte Florian Fellinger, Gruppenleiter Verbrauchergesundheit und Veterinärwesen im Gesundheitsministerium.

Hightech für alle Fragen der Tiergesundheit und Tierseuchenbekämpfung

In der AGES werden ansteckende Tierkrankheiten, Zoonosen und in Österreich neu auftretende Tierkrankheiten frühzeitig erkannt und überwacht. „Damit tragen wir dazu bei, die heimische Bevölkerung vor Infektionskrankheiten zu schützen, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden können und leisten dadurch auch einen wichtigen Beitrag für die Gesundheit von Menschen, Tieren und Lebensmitteln“, betonen die AGES Geschäftsführer die Notwendigkeit, Infektionsketten von Futtermittel und Tiergesundheit bis zu Lebensmittel und menschlicher Gesundheit überwachen zu können: „Dafür ist modernste Analytik wichtig“. Das Institut für veterinärmedizinische Untersuchungen der AGES in Mödling ist eine der modernsten Einrichtungen zur Aufrechterhaltung der Tiergesundheit in Österreich mit Laborkapazitäten und der veterinärmedizinischen Expertise zur Überwachung von über 30 anzeigepflichtigen Tierseuchen und weiteren Referenztätigkeiten für Infektionskrankheiten. "Wir sind sehr stolz auf den top-modernen Standort der AGES in Mödling und freuen uns, dass hier weiter investiert wird. Gesundheit ist unser höchstes Gut. Daher ist es umso wichtiger, dass wir uns auf diesem Feld noch weiter entwickeln und für Notfälle gerüstet sind", sagte Nationalratsabgeordneter und Bürgermeister von Mödling Hans Stefan Hintner.

Die Austrian Real Estate (ARE) errichtet für die AGES in Mödling nach dem Zentrum für biologische Sicherheit (Hochsicherheitslabor der Stufe L3+) erneut hochtechnische Laborflächen der Sicherheitsstufe L3. Auf rund 2.200 Quadratmetern nimmt die spezielle Haustechnik mit Luftfilter-Anlagen einen Großteil der Fläche ein, um fünf flexible Labor-Räume mit jeweils eigenen Schleusen und vier Multifunktionsräume nach modernsten Standards zu betreiben. „Das neue Forschungsgebäude ist für die Gesundheit von Mensch und Tier von hoher Bedeutung und wir freuen uns, ein solches Projekt umzusetzen", so ARE-Geschäftsführer Wolfgang Gleissner. Das Zoonosenlabor wird überwiegend über Fernwärme betrieben. Eine Photovoltaikanlage auf dem Dach wird einen Teil des benötigten Stromes selbst erzeugen. Bis Ende 2024 ist die Fertigstellung des Zoonosenlabors geplant.

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