Tomato brown rugose fruit virus
ToBRFV, Tobamovirus fructirugosum
Steckbrief
Das ToBRFV gehört zu den Tobamoviren, diese sind sehr persistente, höchst infektiöse, pflanzenpathogene Viren, die mechanisch und über das Saatgut übertragen werden.
Das ToBRFV ist 2014/2015 das erste Mal in Israel und Jordanien aufgetreten („Jordanvirus“). In Österreich wurde das Virus 2021 zum ersten Mal bestätigt.
Biologie
Tobamoviren sind stäbchenförmige, äußerst persistente, langlebige und hoch infektiöse, pflanzenpathogene Viren. Zu ihnen gehören neben dem ToBRFV auch das Tomatenmosaikvirus (ToMV), das Tabakmosaikvirus (TMV) oder das Gurkengrünscheckungsmosaikvirus (CGMMV). Tobamoviren können auf Samenschalen, Kultivierungswerkzeugen, Glashausflächen, Händen, Kleidung, aber auch an Bodenpartikeln längere Zeit überleben und infektiös bleiben. Sie sind mechanisch sehr leicht übertragbar, werden aber auch über das Saatgut übertragen. Für Tobamoviren gibt es zwar keine tierischen Vektoren, das ToBRFV wird jedoch durch Hummeln mechanisch übertragen. Werden junge Tomatenpflanzen mit dem ToBRFV infiziert, ist das Virus systematisch in der ganzen Pflanze verteilt, und in allen Pflanzenteilen nachzuweisen. Werden hingegen ältere Tomatenpflanzen infiziert, ist das ToBRFV nicht in allen Pflanzenteilen zu finden.
Schadsymptome
Befallene Tomatenfrüchte können gelbe Flecken oder fehlende Ausfärbung, aber auch braune und runzelige Stellen („rugose fruit“) aufweisen. Typisch sind mosaikartige Verfärbungen, aber auch Aufwölbungen und Deformationen der Blätter. Zum Teil sind Nekrosen der Kelchblätter zu beobachten. Bei Sorten, die wenig Toleranz gegenüber dem Virus zeigen, kann es bis zum völligen Absterben der Pflanzen kommen. Bei den Ausbrüchen in Österreich konnten folgende Symptome festgestellt werden: nicht ausreifende Früchte, kleine, deformierte, zum Teil chlorotische Blätter an den Triebspitzen und chlorotische Blattfleckungen.
Wirtspflanzen
Als Hauptwirtspflanzen gelten Tomate und Paprika.
Befallen werden aber auch Zierpflanzen und Unkräuter aus den Familien der Nachtschattengewächse und der Fuchsschwanzgewächse, wie Petunien, Ziertabak, Schwarzer Nachtschatten oder Gänsefußarten.
Verbreitung
Das ToBRFV ist 2014 das erste Mal in Israel aufgetreten, und wurde 2016 als „Tomato brown rugose fruit virus“, als neues Tobamovirus, beschrieben. In Österreich wurde das Virus 2021 zum ersten Mal nachgewiesen, wobei Ausbrüche in drei Bundesländern bestätigt werden konnten. Mittlerweile sind weltweit Ausbrüche des ToBRFV in zahlreichen Ländern dokumentiert.
Ausbreitung und Übertragung
Der primäre Weg der Ausbreitung passiert über infiziertes Saatgut und Jungpflanzen. Da Tobamoviren mechanisch sehr leicht übertragen werden, geschieht die weitere Ausbreitung in den Produktionsbetrieben über das arbeitende Personal (Haare, Kleidung, Hände, Handy, Schuhe etc.), über Werkzeuge (sämtliche Kultivierungswerkzeuge, Gießwerkzeuge, etc.) und über Glashausinventar (Erntewägen und –kisten, sämtliche Stellflächen und Glashausoberflächen, etc.). Weitere Infektionswege sind infizierte Pflanzenrückstände aus Vorkulturen, wieder auskeimendes Saatgut, infizierter Boden, Gießwasser oder Nährlösungen und die mechanische Übertragung über Hummeln. Das ToBRFV ist sehr persistent. So haben Untersuchungen gezeigt, dass es auf Händen und Handschuhen mindestens zwei Stunden, und auf manchen Glashausoberflächen bis zu einem halben Jahr überleben kann. Da das Virus weit verbreitet ist, und in manchen Tomatenproduktionsländern häufig vorkommt, ist eine Infektion von Beständen durch infiziertes, verarbeitetes oder verzehrtes Fruchtgemüse zu beachten.
Wirtschaftliche Bedeutung
Die Ertragsreduktion durch das Virus ist schwer einzuschätzen, da die Symptomausprägung sortenabhängig sehr unterschiedlich ist. Bei nicht resistenten/toleranten Sorten kann es zum völligen Absterben der Pflanzen kommen. Bei der Tomate haben sich zunächst gegen Tobamoviren bekannte Resistenzen als unwirksam gegenüber dem ToBRFV erwiesen. Mittlerweile stehen für die Tomate jedoch ToBRFV-Resistenzen zur Verfügung, und seit 2022 bieten viele Saatgutproduzent:innen neue, gegen ToBRFV resistente/tolerante Tomatensortensorten an. Bei Paprika sind die altbekannten Tobamovirenresistenzgene auch gegen das ToBRFV wirksam. Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass für Gemüseproduzenten, trotz des Aufwands der Anpassung an neue Sorten, eine Umstellung auf resistente/tolerante Tomatensorten auf alle Fälle anzuraten ist.
Vorbeugung und Bekämpfung
Sind Pflanzen mit Tobamoviren befallen, sind, wie bei allen pflanzenpathogenen Viren, keine kurativen (=heilenden) Maßnahmen möglich. Was bedeutet, dass der Vorbeugung von Infektionen und deren Verbreitung äußerste Wichtigkeit zukommt.
Die Verwendung von gesundem, infektionsfreiem Saatgut und Jungpflanzenmaterial, sowie in den Produktionsbetrieben die strikte Einhaltung und Überwachung aller wesentlichen Hygienemaßnahmen, sowie die regelmäßige Kontrolle der Bestände auf Symptome, sind somit unabdingbare Vorbeugungsmaßnahmen.
Phytosanitärer Status
Eine Ausrottung bzw. Eindämmung des ToBRFV ist nicht mehr möglich. Deshalb wurde mit 1. Jänner 2025 (neue Durchführungsverordnung (EU) 2024/2970) die Einstufung als Quarantäneschädling aufgehoben. Damit entfallen bestimmte Maßnahmen (Meldepflicht, Überwachung der Verbreitung, gesetzliche Vorgaben zur Tilgung von Ausbrüchen, zur Hygiene und zur Entsorgung befallenen Materials). Die Einhaltung strikter Hygiene ist aber weiterhin wesentlich bei der Bekämpfung von ToBRFV, sie liegt nun aber in der Verantwortung der Betriebe. Dennoch bleiben Maßnahmen zur Sicherstellung von qualitativ hochwertigen Saat- und Pflanzgut aufrecht.
Fachinformation
Wir sind Nationales Referenzlabor (NRL) für den Nachweis von phytopathogenen Quarantäneschaderregern, unter anderem auch für den Nachweis von pflanzenpathogenen Viren. Damit sind wir auch verpflichtet, international vorgegebene Analysemethoden zu verwenden und an internationalen Ringtests teilzunehmen.
Amtlicher Pflanzenschutzdienst: Informationen zum Einschleppungsrisiko und Maßnahmen
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Services
Wir weisen Tobamoviren und auch das ToBRFV in Pflanzen und in Saatgut molekularbiologisch nach. Als Standardverfahren für ToBRFV wird eine Real-time PCR Methode (RT-qPCR) verwendet. Bei Bedarf kann mittels einer konventionellen RT-PCR und einer Sequenzanalyse das Virus bestätigt werden. Eine Analyse dauert in der Regel zwei bis drei Werktage (bei Sequenzanalyse ca. vier Werktage).
Aktualisiert: 14.01.2025