Trichinen
Trichinella
Steckbrief
Die Trichinellose wird durch Larven von Rundwürmern – vor allem der Art Trichinella (T.) spiralis - verursacht. Bis dato sind in Europa vier Trichinenarten bekannt. Diese Erreger werden als Trichinellen oder Trichinen bezeichnet. Der letzte bekannte durch ein Hausschwein verursachte autochthone Krankheitsausbruch bei Menschen ereignete sich im Jahr 1970 nach dem Verzehr von schlecht durchgeräuchertem Fleisch eines mit Trichinen befallenen Hausschweines.
Vorkommen
Die Trichinellose ist eine weltweit verbreitete Säugetier-Zoonose, die unabhängig von klimatischen Bedingungen vorkommt. In Mitteleuropa kommt die Trichinellose nur mehr selten vor. In einigen östlichen und baltischen EU-Staaten liegen die Inzidenzen höher, wobei die meisten Erkrankungsfälle durch Fleischprodukte von Wildschweinen verursacht werden.
Wirtstiere
Hausschwein, Wildschwein und Pferd sind Wirte für Trichinen. Nager (z. B. Ratten) und Wildtiere (z. B. Füchse) gelten als Reservoir. Der Mensch stellt einen Fehlwirt dar, da er Trichinen nicht übertragen kann.
Infektionsweg
Der Befall erfolgt durch den Verzehr von rohem oder ungenügend erhitztem Fleisch, das Trichinenlarven (in Muskelzellen eingekapselt - Ausnahme Trichinella pseudospiralis) enthält. Durch Verdauungsenzyme im Magen werden die Larven aus dem Fleisch freigesetzt und reifen in den Zellen der oberen Dünndarmschleimhaut innerhalb weniger Tage zu kleinen Würmern. Die Weibchen beginnen bereits vier bis sieben Tage nach Aufnahme durch den Wirt mit der Ablage von bis zu 1.500 Larven. Die jungen Larven passieren die Darmschleimhaut und gelangen über die Blutbahn in die Muskulatur, wo sie abgekapselt in Muskelzellen jahrelang überleben können. Bevorzugt werden sauerstoffreiche, d. h. gut durchblutete Muskeln, wie z. B. Zwerchfell, Nacken-, Kaumuskulatur, Muskulatur des Schultergürtels oder der Oberarme.
Inkubationszeit
Die Inkubationszeit beträgt 5 bis 15 Tage und ist von der Anzahl aufgenommener Trichinenlarven abhängig. Über die Zahl der aufgenommenen Trichinenlarven, die beim Menschen eine klinische Erkrankung hervorrufen, gibt es unterschiedliche Angaben – mehr als 70 aufgenommene Larven lösen mit großer Wahrscheinlichkeit eine Erkrankung aus. Eine Ansteckung von Mensch zu Mensch ist nicht möglich.
Symptomatik
Die Trichinellose ist eine mild bis tödlich verlaufende, lebensmittelbedingte Erkrankung beim Menschen, der als hochempfänglicher Wirt gilt (insbesondere für die Art T. spiralis). Der Schweregrad der Erkrankung ist von der Anzahl der aufgenommenen Larven und von der Immunabwehr der jeweiligen Person abhängig. Die Krankheitssymptome beim Menschen sind in der Anfangsphase von Fieber, Bauchschmerzen und Durchfall geprägt. Im späteren Krankheitsverlauf stehen vor allem Muskel- und Gelenksschmerzen sowie typische Ödeme im Gesichtsbereich im Vordergrund.
Therapie
Leicht infizierte Patientinnen und Patienten erholen sich in der Regel komplikationslos durch Bettruhe und mit Hilfe eines Schmerzmittels. Schwere Infektionen werden mit einer medikamentösen Therapie gegen Wurmlarvenbefall behandelt. Die medikamentöse Behandlung ist umso erfolgreicher, je frühzeitiger sie durchgeführt wird.
Vorbeugung
Erhitzen von Fleisch auf über 70 °C gilt als sicher Larven-abtötend. Tiefgefrieren bei minus 15 °C vermindert die Infektiosität des Parasiten: Räuchern, Pökeln und Trocknen eignen sich nicht zur Abtötung der Larven.
Situation in Österreich
Mensch
In Österreich sind Erkrankungsfälle beim Menschen sehr selten: In den vergangenen 50 Jahren wurden in Österreich ausschließlich sogenannte "importierte" Trichinellosefälle von den Gesundheitsbehörden registriert. Hierbei handelte es sich um Personen, die sich bei einem Auslandsaufenthalt mit Trichinenlarven infizierten oder meist im Zuge eines Heimaturlaubes infizierte Fleischprodukte mit nach Österreich genommen haben und in Österreich nach dem Verzehr dieser erkrankt sind.
Im Jahr 2023 wurden sechs Fälle in das EMS eingemeldet (EMS, Stand 02.01.2024).
Trichinellosefälle beim Menschen in Österreich
Lebensmittel
In Österreich wurden im Jahr 2023 im Rahmen der amtlichen Fleischbeschau 4.645.174 Hausschweine, 469 Pferde und 43.682 Wildschweine aus freier Wildbahn sowie 764 gefarmte Wildschweine auf Trichinen untersucht. Trichinenbefall wurde bei keinen der untersuchten Tiere nachgewiesen. Bei österreichischen Zucht- bzw. Mastschweinen sowie Pferden wurde schon seit Jahrzenten kein positiver Trichinenfall mehr festgestellt.
Tier
In Stallhaltung gehaltene Schweine gelten als frei von Trichinenbefall, da die Tiere keine Möglichkeit zur Aufnahme befallenen Frischfleisches haben. Die Zweckmäßigkeit der gesetzlich vorgeschriebenen Trichinenschau beim Hausschwein wird von der EFSA kritisch hinterfragt. Wildschweine hingegen müssen generell als mögliche Trichinenträger angesehen werden. Wissenschaftliche Studien haben ergeben, dass der Parasit in Österreich auch in der Fuchspopulation vorkommt, wobei in der Verbreitung ein deutliches West-Ost-Gefälle vorliegt.
Fachinformation
Humanmedizin
Die Verdachtsdiagnose kann durch den Nachweis spezifischer Antikörper im Blut der Patient:innen bestätigt werden; bei massivem Befall kann ein Nachweis der Larven im Gewebe durch histologische Untersuchung von Muskelbiopsie-Präparaten gelingen.
Veterinärmedizin
Tiere, die Träger von Trichinen sein können und für den menschlichen Verzehr bestimmt sind, müssen nach der Schlachtung bzw. Tötung und vor dem Inverkehrbringen des Fleisches auf Trichinenlarven untersucht werden (Durchführungsverordnung (EU) 2015/1375; EN ISO 18743/2015). Die Untersuchung wird mit der sogenannten Verdauungsmethode durchgeführt: Eine gewichtsmäßig genau definierte Muskelmenge des untersuchungspflichtigen Tierkörpers (meist aus dem Bereich des Zwerchfellpfeilers) wird mittels künstlicher Verdauung aufgelöst und das Sediment der Verdauflüssigkeit unter mikroskopischer Betrachtung auf das Vorhandensein von Trichinenlarven überprüft.
Im Fall eines positiven Trichinen-Nachweises wird der gesamte Tierkörper von der zuständigen Veterinärbehörde beschlagnahmt und einer nachweislichen Entsorgung zugeführt.
Kontakt
Leitung
Dr. Annette Nigsch
- annette.nigsch@ages.at
- +43 50 555-71200
-
6020 Innsbruck
Technikerstraße 70
Aktualisiert: 27.08.2024