Rückfallfieber

Borrelia sp.

Steckbrief

Rückfallfieber sind bakterielle Infektionen, die zu wiederkehrenden Fieberschüben, Kopf-, Muskel- und Gelenkschmerzen sowie Übelkeit führen können. Sie werden durch Bakterien der Gattung der Borrelien verursacht.

Es gibt drei Arten von Rückfallfieber:

  • Das Zecken-Rückfallfieber wird durch Borrelia dutoni und andere Spezies ausgelöst, die von Lederzecken übertragen werden
  • Borrelia miyamotoi-Borreliose wird durch Borrelia miyamotoi ausgelöst und unterscheidet sich vom Zecken-Rückfallfieber u. a. dadurch, dass Schildzecken den Erreger übertragen
  • Das Läuse-Rückfallfieber ist eine meldepflichtige Infektionskrankheit, die durch Borrelia recurrentis verursacht wird

Vorkommen

Das Zecken-Rückfallfieber kommt in einzelnen Gebieten auf der ganzen Welt vor, darunter in Spanien und Portugal, in den Bergregionen Nordamerikas, in den Hochebenen Mexikos, in Mittel- und Südamerika, in Zentralasien und in weiten Teilen Afrikas.

Historisch trat das Läuse-Rückfallfieber am häufigsten bei Slumbewohnern, Gefangenen und Personen auf, die in verarmten, überfüllten und unhygienischen Verhältnissen lebten. Im 20. Jahrhundert kam es in Osteuropa, auf dem Balkan, in der ehemaligen Sowjetunion und in Afrika im Zusammenhang mit Kriegen und Hungersnöten zu großen Ausbrüchen des Läuse-Rückfallfiebers. Aufgrund der Verbesserung des Lebensstandards ist die geografische Verbreitung des Läuse-Rückfallfiebers zurückgegangen. Gegenwärtig kommt es zu einzelnen Fällen und Ausbrüchen in Äthiopien, Somalia, Eritrea und im Sudan, vor allem in Kriegsgebieten und Flüchtlingslagern. Auch in der ländlichen Andengemeinschaft in Peru und in Nordchina wurden Fälle gemeldet. In Europa gehören Obdachlose und Migranten zu den Risikogruppen für durch Läuse übertragene Krankheiten.

Borrelia miyamotoi wurde in Zecken in zahlreichen Ländern Europas, inkl. Russland, in den USA und in Japan nachgewiesen. Bis 2022 konnten in der nördlichen Hemisphäre 504 Fälle von Borrelia-miyamotoi-Borreliose beim Menschen identifiziert werden.

Erregerreservoir

Nagetiere sind die Wirte der Zecken-Rückfallfieber-Borrelien. Die Lederzecken stellen ein wesentliches Reservoir dar, da sie die Borrelien viele Jahre erhalten können.

Läuse-Rückfallfieber: Der Mensch ist Wirt des Erregers Borrelia recurrentis. 

Borrelia-miyamotoi-Borreliose: Es wird angenommen, dass kleine Nagetiere und spezifische Vogelarten die Wirte von Borrelia miyamotoi sind.

Infektionsweg

Das Zecken-Rückfallfieber wird durch Zecken der Gattung Ornithodoros aus der Familie der Lederzecken auf den Menschen übertragen. Der Erreger des Läuse-Rückfallfiebers wird durch die Körperlaus Pediculus humanus humanus von Mensch zu Mensch übertragen. Die Übertragung auf den Menschen erfolgt nur, wenn die Laus während des Blutsaugens zerdrückt wird, etwa durch Kratzen. Der Erreger Borrelia miyamotoi wird durch Schildzecken der Gattung Ixodes übertragen.

Inkubationszeit

  • Zecken-Rückfallfieber: ca. drei bis 18 Tage
  • Läuse-Rückfallfieber: ca. vier bis acht Tage
  • Borrelia miyamotoi-Borreliose: mittlere Inkubationszeit von 14 Tagen

Symptomatik

Charakteristisch für Zecken-Rückfallfieber ist plötzlich auftretendes hohes Fieber (> 39-40 °C), das drei bis sechs Tage anhält. Weitere Symptome sind Kopfschmerzen, Muskel- und Gelenkschmerzen, sowie Übelkeit. Die Symptome können ohne antibiotische Behandlung immer wieder auftreten, es ergibt sich ein zeitliches Muster. Die Anzahl der Schübe ist sehr unterschiedlich (0-15) und sie werden in der Regel von Mal zu Mal kürzer und milder. Der Abstand zwischen den Fieberschüben liegt zwischen vier und 14 Tagen.

Die Symptome des Läuse-Rückfallfiebers treten meist recht abrupt auf. Es kommt zu hohem Fieber, generellem Unwohlsein, Schüttelfrost und Schweißausbrüchen, Kopf-, Muskel und Gelenksschmerzen, sowie unspezifischen gastrointestinalen Symptomen. Neurologische Komplikationen und Einschränkungen des Sehvermögens, sowie Symptome der Haut und Schleimhaut, des Herzens und der Atemwege können ebenfalls auftreten. Die Erkrankung kann sehr schwerwiegend sein und führt in 10 % bis 40 % symptomatischer Fälle ohne adäquate Behandlung zum Tod.

Die häufigsten Symptome von Borrelia miyamotoi-Borreliose sind Fieber, Schüttelfrost und Kopfschmerzen, sowie Gelenkschmerzen und Abgeschlagenheit. B. miyamotoi-Infektionen wurden hauptsächlich bei immungeschwächten Personen beschrieben.

Therapie

Die empfohlene Therapie für Zecken-Rückfallfieber sind die Antibiotika Tetracyclin oder Doxycyclin. Bei Läuse-Rückfallfieber ist in den meisten Fällen eine einmalige Antibiotikagabe wirksam. In der Regel wird eine längere Behandlung durchgeführt, um die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Auftretens zu minimieren. Borrelia miyamotoi-Infektionen werden zwei bis vier Wochen mit dem Antibiotikum Doxycyclin behandelt. Auch Amoxicillin und Ceftriaxon wurden bereits erfolgreich eingesetzt.

Vorbeugung

Ein Impfstoff steht derzeit nicht zur Verfügung. Wesentlich zur Vorbeugung des Zecken-Rückfallfiebers und der Borrelia myamotoi-Borreliose ist das Vermeiden von Zeckenstichen. Die Primärprävention des Läuse-Rückfallfiebers beruht auf Maßnahmen zur Vermeidung eines Befalls mit Körperläusen.

Situation in Österreich

In Österreich erworbene (autochthone) Fälle von Zecken- und Läuse-Rückfallfieber sind nicht bekannt. In den vergangenen Jahren nachgewiesene Zecken- und Läuse-Rückfallfieber-Fälle in Österreich waren ausnahmslos importierte Erkrankungen. In Österreich wurde das Vorkommen von Borrelia miyamotoi in Zecken belegt. Vereinzelte Borrelia myamotoi-Borreliose-Erkrankungen mit Ursprung in Österreich wurden auch bereits nachgewiesen.

Fachinformation

Zeckenrückfallfieber

Infektionsweg: Nach der Blutmahlzeit an infizierten Nagetieren verbreiten sich die Borrelien in allen Geweben der Lederzecke, einschließlich der Eierstöcke (verantwortlich für die transovarielle Übertragung), Speicheldrüsen und Ausscheidungsorgane. Zecken sind in der Lage, die Borrelien während ihrer gesamten Lebensspanne (5-10 Jahre) zu erhalten. Lederzecken unterscheiden sich in zwei Eigenschaften von den Schildzecken (die u.a. Babesien übertragen): 1) Der Stich von Lederzecken ist nur von kurzer Dauer, in der Regel weniger als eine halbe Stunde; 2) Lederzecken suchen nicht im hohen Gras oder Gebüsch nach Beute. Stattdessen leben sie in Nagetierhöhlen und ernähren sich je nach Bedarf von den Nagetieren, während diese schlafen. Menschen kommen typischerweise mit diesen Zecken in Kontakt, wenn sie in von Nagetieren befallenen Hütten nächtigen.

Symptome: Neurologische Symptome (2 %) werden hauptsächlich durch B. duttoni und B. turicatae verursacht und umfassen Delirium, Gesichtslähmung, Meningitis und Radikulopathie (Reizung/Schädigung einer Nervenwurzel). Bei Kleinkindern und Schwangeren kann der Krankheitsverlauf langwieriger und schwerwiegender sein und zu niedrigem Geburtsgewicht, Frühgeburt, Spontanabort und Tod des Neugeborenen führen. Obwohl ein theoretisches Risiko besteht, dass das Zecken-Rückfallfieber zum Tod führt, sind Berichte über Todesfälle selten (0-8 %), wobei die höchsten Raten bei Patient:innen auftreten, die während der Behandlung eine Jarisch-Herxheimer-Reaktion entwickeln, eine immunologische Reaktion des Organismus. Diese äußert sich u. a. in Form von allgemeinem Unwohlsein, Kopfschmerzen, Fieber, Schweißausbrüchen, Krampfanfällen, Tachykardie (erhöhte Herzfrequenz) und Hypotonie (Erniedrigung des Blutdrucks) und hält ein paar Stunden an.

Diagnose: Während des Primärbefalls ist die Detektion der Bakterien auf Dünn- oder Dickblutausstrichen mit Dunkelfeldmikroskopie oder mit konventioneller Färbung möglich. Molekulare Methoden sind empfindlich und werden immer häufiger eingesetzt. Sie bieten die Möglichkeit der Speziesidentifizierung, selbst bei Proben mit sehr geringer Belastung.

Läuse-Rückfallfieber

Der Erreger Borrelia recurrentis wird durch die Körperlaus Pediculus humanus humanus von Mensch zu Mensch übertragen. Die Laus nimmt den Erreger von infizierten Personen auf, wobei die Speicheldrüsen und der Verdauungstrakt der Laus nicht von den Borrelien befallen werden. Deshalb erfolgt eine Übertragung auf den Menschen nur, wenn die Laus während des Blutsaugens zerdrückt wird, etwa durch Kratzen. Dadurch wird der Erreger freigesetzt und ist in der Lage durch intakte Haut und Schleimhaut in den menschlichen Organismus einzudringen. Kann die Laus ihre Blutmahlzeit ungestört beenden und ihren Wirt verlassen, erfolgt auch keine Übertragung des Läuserückfallfiebers.

Die Symptome des Läuse-Rückfallfiebers treten meist recht abrupt auf. Es kommt zu hohem Fieber, generellem Unwohlsein, Schüttelfrost und Schweißausbrüchen, Kopf-, Muskel und Gelenksschmerzen, sowie unspezifischen gastrointestinalen Symptomen. Neurologische Komplikationen und Einschränkungen des Sehvermögens, sowie Symptome der Haut und Schleimhaut, des Herzens und der Atemwege (kardio-respiratorische Symptome), können ebenfalls auftreten. Patient:innen können eine vergrößerte Leber und Milz aufweisen. Die Symptome nehmen über ca. fünf Tage an Intensität zu und legen sich im Anschluss wieder, während der Erreger aus dem Blut verschwindet. Nach dieser ersten Rückbildung tritt der Erreger wieder im Blut auf und die Symptome beginnen erneut. Der Rückfall erstreckt sich über mehrere Tage bis Wochen, wobei bei unbehandelten Patient:innen in der Regel weniger als zehn Rückfälle zu beobachten sind. Die Erkrankung kann sehr schwerwiegend sein und führt in 10 % bis 40 % symptomatischer Fälle ohne adäquate Behandlung zum Tod; mit Behandlung sinkt die Todesrate auf 2 % bis 5 %

Auch Kopfläuse, Pediculus humanus capitis, sind mit Borrelia recurrentis infiziert, aber ihre Rolle als Überträger ist nicht erwiesen. Differentialdiagnosen des Läuse-Rückfallfiebers sind: Malaria, Typhus, virales hämorrhagisches Fieber, Leptospirose, Zecken-Rückfallfieber, nicht-typhoide Salmonellose, Meningokokken-Septikämie und Meningitis. Eine Infektion bietet nur einen teilweisen Schutz aufgrund der Variationen an Antigenen bei Borrelia Stämmen. Das Läuse-Rückfallfieber kann schwer verlaufen und bei Ausbrüchen eine Sterblichkeitsrate von 30 bis 70 % aufweisen.

Diagnostik

Der diagnostische Test der Wahl bei Zecken- und Läuse-Rückfallfieber ist der direkte Nachweis der Bakterien im Blut: Borrelien sind Spirochäten (spiralig gekrümmte, sehr lange, i.d.R. bewegliche, gramnegative Stäbchen), die auf gefärbten Blutfilmen nachgewiesen werden können, insbesondere während der symptomatischen Fieberphase.

Eine Borrelia miyamotoi-Infektion kann ebenfalls mittels Bluttests festgestellt werden. Es stehen zwei Arten von Labortests zur Verfügung: Polymerase-Kettenreaktion (PCR), die die DNA der Bakterien nachweisen und serologische Tests, die Antikörper nachweisen, die der Körper als Reaktion auf die Infektion bildet. DieSerologie lässt aufgrund der Kreuzreaktivität keinen Rückschluss auf eine bestimmte Borrelien-Spezies zu.

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Aktualisiert: 10.10.2023