Equine Herpesviren

EHV 1 und EHV 4

Steckbrief

Die Equinen Herpesviren EHV-1 und EHV-4 kommen weltweit in der Pferdepopulation vor. Zumeist sind Pferde latent, d. h. ohne klinische Symptome, infiziert. Saisonal, besonders im Winter und Frühjahr, kann es zu klinisch manifesten Verlaufsformen von EHV-1-Infektionen kommen.

Vorkommen

Weltweit

Wirtstiere

Pferde

Infektionsweg

Die Übertragung erfolgt über direkten Kontakt (Tröpfcheninfektion) von infizierten Tieren bzw. auch indirekt über Putzzeug, Gerätschaften, Hände, Kleider, Schuhe. Die tragende Mutterstute kann das Virus auf das ungeborene Fohlen übertragen. Geheilte Pferde bleiben latent infiziert und können das Virus zuweilen nach Reaktivierung wieder ausscheiden.

Inkubationszeit

Die Inkubationszeit hängt von der Verlaufsform ab. Neurologische Symptome treten meist 4-6 Tage nach der Infektion auf, zuweilen auch schon nach 24 Stunden, gelegentlich auch deutlich später. Aborte treten oft erst Wochen nach der Infektion der Mutterstute auf.

Symptomatik

Bei klinischen Fällen können drei Hauptformen auftreten:

  • Rhinopneumonitis:  milde respiratorische Symptome wie Husten, wässriger Nasenausfluss, zu Beginn leichtes Fieber
  • (Spät)-Abort / neonataler Tod
  • Myeloenzephalopathie: Ataxien der Hinterhand, steife Gang, Hinterhandschwäche, Krämpfe, Festliegen

Therapie

Eine spezifische Therapie ist nicht möglich. Erkrankte Pferde können nur symptomatisch behandelt werden. Betroffene Pferde eines Bestandes müssen von gesunden abgesondert werden. Bei nicht betroffenen Pferden sollte zweimal täglich Fieber gemessen werden. Bei gesunden Pferden mit bestehendem Impfschutz empfiehlt sich eine Nachimpfung. Bestände mit klinisch erkrankten Pferden sollten eine Quarantänefrist von 28 Tagen nach der letzten vermuteten Infektion einhalten, in der kein Pferd den Bestand neu betreten oder verlassen darf.

Vorbeugung

EHV-1 ist nicht anzeige- oder meldepflichtig. Pferde können gegen EHV-1 und EHV-4 geimpft werden. Ein Impfschutz ist nur dann ausreichend gegeben, wenn alle Pferde eines Bestandes geimpft werden. Die Impfung schützt vor allem gegen durch EHV-1 und EHV-4 ausgelöste Atemwegserkrankungen und mindert das Risiko von EHV-1-bedingten Aborten. Ein Schutz vor dem Auftreten der neurologischen Form durch die Impfung konnte bislang nicht nachgewiesen werden.

Situation in Österreich

EHV-1 und EHV-4 kommen auch in Österreich in den Pferdebeständen vor. Im Frühjahr 2021 kam es in einigen Beständen zu Ausbrüchen mit neurologischer Verlaufsform.

Fachinformation

Die equinen Herpesviren sind Doppelstrang-DNA-Viren aus der Familie der Herpesviridae. Pferde sind Hauptwirte für EHV-1 bis EHV-5, während Esel die natürlichen Wirte für ASH-1 (alt EHV-6), ASH-2 (alt EHV-7), ASH-3 (alt EHV-8), ASH-4, ASH-5 und ASH-6 sind.

Klinische Erkrankungen werden hauptsächlich durch EHV-1 und EHV-4 aus der Unterfamilie Alphaherpesvirinae hervorgerufen.

Das EHV-3 ist eine venerische Herpesform, die hauptsächlich durch den Deckakt übertragen wird und das Koitalexanthem mit Bläschen, Pusteln oder Erosionen an Vulva bzw. Penis hervorruft. Eine Infektion mit EHV-3 ist in Österreich anzeigepflichtig. Betroffene Pferde sind lebenslang Virusträger und müssen von der Zucht ausgeschlossen werden. Das EHV-2 aus der Subfamilie Gammaherpesvirinae ruft eine Hornhaut-/Bindehautentzündung hervor. EHV-2 und EHV-3 haben jedoch nur eine geringe klinische Bedeutung. Das EHV-5 kann diverse klinische Verlaufsformen verursachen wie Aborte, Dermatitis oder Systemische Granulomatose.

EHV haben nur eine geringe Tenazität in der Umwelt (Persistenz weniger als 7 Tage) und sind empfindlich gegenüber Reinigungsmitteln und Lipidlösungsmitteln. Zu latenten Infektionen kommt es durch die Fähigkeit des Virus, dem Immunsystem zu entgehen. EHV-1 und EHV-4 gelten als antigenetisch sehr stabil und zeigen kaum Veränderungen der Epitopstruktur. Hohe Viruslasten sind in abortiertem Fetenmaterial zu finden. Auch in den Zellen des Respirationstraktes sowie in den regionalen Lymphknoten und im akuten Stadium im Blut sind die Viren verbreitet.

Symptomatik

Bei der Rhinopneumonitis treten milde respiratorische Symptome wie Husten, wässriger Nasenausfluss und zu Beginn leichtes Fieber auf.

Aborte erfolgen zumeist im letzten Drittel der Trächtigkeit. Bei der Geburt infizierter Fohlen kann es zur neonatalen Erkrankung mit Atemwegssymptomen und Leberfunktionsstörungen mit schlechter Prognose kommen. Abortauslösend ist vor allem die Virusvariante N752.

Die Myeloenzephalopathie kann sowohl sporadisch als auch seuchenhaft auftreten. Hierbei spielt vor allem die Virusvariante D752 sowie die Erregermenge eine Rolle. Neurologische Symptome werden durch eine Vaskulitis mit Gefäßschädigungen und nachfolgendem Absterben von neuronalen Zellen ausgelöst. Von der Myeloenzephalopathie (paretisch-paralytische Form) betroffene Pferde zeigen nach einer kurzen Fieberphase neurologische Symptome vor allem in Form von Ataxien der Hinterhand, steifem Gang und Hinterhandschwäche. Bei stärker betroffenen Pferden kommt es zu Krämpfen und zum Festliegen. Dabei können Harn- und Kotabsatz erschwert sein. Auch Ausfälle der Kopfnervenfunktion werden beobachtet (Kopfschiefhaltung, Herabhängen von Ohr, Augenlid und Lippen durch Fazialislähmung). Oft klingen die Symptome nach einigen Tagen bzw. Wochen ab. Es kommen aber auch tödliche Verläufe vor, vor allem, wenn die Pferde länger als drei Tage festliegen. Dann ist eine Euthanasie meist unumgänglich.

Diagnostik

Bei respiratorischen Symptomen durch eine EHV-Infektion ist eine Abgrenzung zu anderen Atemwegserkrankungen nicht möglich. Daher muss ein Nachweis (real-time PCR, derzeit üblichste und schnellste Methode) aus Nasen- oder Nasopharyngealtupfern erfolgen. Während der akuten Phase ist das Virusgenom auch im EDTA-Blut mittels PCR-Nachweis zu finden. Bei einer EHM (Equine Herpesvirus-associated Myeloenzephalpathy, Schädigung des Gehirns) lässt sich die Erkrankung im Gehirn, Rückenmark und Liquor nachweisen.

Bei EHV-bedingten Aborten werden Fetus und Plazenta auf pathologische Veränderungen untersucht und das Virus kann in den fetalen Organen nachgewiesen werden.

Retrospektiv ist die Bestimmung von Antikörpern aus paarigen Serumproben zum Nachweis einer EHV-Infektion möglich. Die erste Serumprobe sollte zum Zeitpunkt der Erkrankung bei Einsetzen der ersten Symptome, die zweite Serumprobe 2-4 Wochen nach Erkrankungsbeginn genommen und auf EHV-1/-4 untersucht werden. Ein mindestens vierfacher Titeranstieg bestätigt eine durch EHV-1 bzw. EHV-4 ausgelöste Erkrankung.

Kontakt

Institut für veterinärmedizinische Untersuchungen Mödling

Als .docx herunterladen

Aktualisiert: 10.10.2023