Epizootische Hämorrhagie
EHD
Steckbrief
Die Epizootische Hämorrhagie (EHD; Epizootic haemorrhagic disease) ist eine Viruserkrankung wildlebender und domestizierter Wiederkäuer sowie der Kamelide. Bei bestimmten Hirscharten kann es zu hohen Erkrankungsraten und Todesraten kommen. Auslöser ist ein mit dem Virus der Blauzungenkrankheit verwandtes Virus (EHDV), das ebenfalls durch Insekten (Gnitzen) übertragen wird. Seit dem Jahr 2022 tritt die EHD auch in Europa auf. In diesem Jahr wurden Fälle aus Italien (Sardinien, Sizilien) und dem Süden Spaniens gemeldet. Im Jahr 2023 trat die Erkrankung zusätzlich in Portugal, Nordspanien und Frankreich auf. Menschen sind von der Erkrankung nicht betroffen.
Vorkommen
weltweit
Wirtstiere
Die meisten wildlebenden und domestizierten Wiederkäuerspezies sowie Kamelide sind empfänglich für die Infektion mit EHDV. Klassischerweise betrifft die Erkrankung Weißwedelhirsche in Nordamerika. Auch Rinder können klinisch erkranken, während eine Erkrankung bei kleinen Wiederkäuern (z.B. Schaf, Ziege) bzw. Kameliden in der Regel nicht vorkommt. Vor dem erstmaligen Auftreten in Europa wurde die EHD bereits in Nord- und Südamerika, Asien und Afrika (darunter auch ans Mittelmeer angrenzende Länder wie Israel, Türkei, Jordanien, Marokko, Algerien und Tunesien), sowie Australien beschrieben.
Infektionsweg
Die Übertragung erfolgt über den Stich/Biss von Insekten (Gnitzen; Culicoides sp.), es handelt sich also nicht um eine ansteckende Erkrankung. Ungeborene Kälber können analog zur Blauzungenkrankheit im Mutterleib infiziert werden. In gemäßigten Zonen erfolgt die Infektion üblicherweise im Spätsommer/Herbst, während sie in tropischen Zonen ganzjährig vorkommen kann.
Inkubationszeit
ca. 2-10 Tage
Symptomatik
Klinische Erkrankungen betreffen hauptsächlich bestimmte Hirscharten, können aber auch bei Rindern vorkommen. Es kann zu Fieber, Ödemen, Atem- und Schluckbeschwerden, Blutungen, Schleimhaut- und Hufbandentzündungen, Lahmheit, Mattigkeit und Inappetenz kommen. Auch Aborte und Totgeburten treten auf. Perakute, akute und chronische Formen treten auf.
Therapie
Eine spezifische Therapie ist nicht möglich. Erkrankte Tiere können nur symptomatisch behandelt werden.
Vorbeugung
Impfstoffe sind vereinzelt in Japan und den USA in Verwendung. Dabei handelt es sich um abgeschwächte Lebendvakzinen oder inaktivierte Impfstoffe. Zurzeit gibt es keinen in der EU zugelassen Impfstoff.
Situation in Österreich
EHD ist bisher in Österreich noch nicht vorgekommen. Wir haben Verfahren zur virologischen und serologischen Diagnostik der Erkrankung etabliert, mit denen Verdachtsfälle zügig abgeklärt werden können.
Fachinformation
EHDV sind unbehüllte Viren mit doppelsträngiger RNA, die in 10 verschiedene Segmente aufgeteilt sind. Mindestens acht verschiedene Serotypen werden unterschieden. EHDV ist instabil bei höheren Temperaturen (Inaktivierung bei 50 °C und 3h Einwirkzeit; bzw. 60 – 121 °C und 15 min Einwirkzeit). Organische Lösungsmittel wie Ether und Chloroform sind relativ wenig wirksam (unbehülltes Virus). Wirksam sind Desinfektionsmittel auf Basis von ß-Propiolactone, 2% w/v Glutaraldehyde, Säuren, Laugen (2% w/v NaOH), 2-3% w/v Natriumhypochlorit, Iodophore und Phenole.
Symptomatik
EHD ist eine wichtige Differentialdiagnose zur Blauzungenkrankheit bei Hirschen. Bei Rindern kommen Blauzungenkrankheit (BT), Bovines Virusdiarrhoe (BVD), Maul- und Klauenseuche (MKS), Infektiöse Bovine Rhinotracheitis (IBR), Vesikuläre Stomatitis (VS) und Bösartiges Katarrhalfieber (BKF) als Differentialdiagnosen in Betracht. Schafe und Ziegen erkranken nicht klinisch.
Diagnostik
Aufgrund der unspezifischen Symptomatik ist eine labordiagnostische Abklärung unerlässlich. Das Virus selbst kann sehr sensitiv und spezifisch in der real-time PCR nachgewiesen werden. Ähnlich zu BTV ist auch EHDV im EDTA-Blut lange nachweisbar (> 50 Tage nach Infektion). Antikörper können ab 10-14 Tagen nach Infektion im kompetitiven ELISA nachgewiesen werden.
Benötigtes Probenmaterial: EDTA-Blut und Serum beim lebenden Tier; Milz, Lunge, Lymphknoten, Leber beim toten Tier.
In allen Fällen sollte der Probenversand an das Labor idealerweise unter Beigabe von Kühlmitteln und Berücksichtigung der entsprechenden Transportbestimmungen (UN3373) durch ein dazu berechtigtes Logistikunternehmen durchgeführt werden.
Kontakt
Institut für veterinärmedizinische Untersuchungen Mödling
- vetmed.moedling@ages.at
- +43 50 555-38112
-
2340 Mödling
Robert Koch-Gasse 17
Aktualisiert: 25.10.2023