Enzootische Rinderleukose

Bovines Leukose Virus

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Steckbrief

Die Enzootische Rinderleukose (ERL) ist eine virale Erkrankung der Rinder, die durch das Bovine Leukose Virus (BLV) verursacht wird und zur Tumorentwicklung in unterschiedlichen Organen führen kann. Nach derzeitigem Wissenstand besteht keine Infektionsgefahr für Menschen.

Vorkommen

Das Bovine Leukose Virus ist weltweit verbreitet. In Europa gibt es durch erfolgreiche Überwachungs- und Bekämpfungsprogramme nur noch vereinzelte Krankheitsfälle.

Wirtstiere

Die Enzootische Rinderleukose tritt hauptsächlich bei Rindern, Büffeln, Wasserbüffeln und vereinzelt bei Schafen auf.

Infektionsweg

Die Übertragung erfolgt hauptsächlich durch direkten Kontakt und iatrogen (durch tierärztliche Maßnahmen verursacht), selten auch intrauterin. Blutsaugende Insekten kommen als Überträger in Frage.

Inkubationszeit

Zwischen der Infektion und dem Auftreten von Tumoren liegen in der Regel Monate bis Jahre

Symptomatik

Infektionen mit dem Bovinen Leukosevirus verlaufen in der Regel subklinisch. Bei 0,1-10 % der infizierten Tiere, meist ab einem Alter von 3 Jahren, kommt es zur schweren Verlaufsform mit einer Ausbildung von Tumoren. Die klinische Symptomatik hängt davon ab, in welchen Organsystem sich die Tumore entwickeln.

Therapie

Es gibt keine Therapie

Vorbeugung

Die Enzootische Rinderleukose ist eine nach dem Tierseuchengesetz anzeigepflichtige Tierseuche. Es gibt derzeit keinen wirksamen Impfstoff. Das Bovine Leukose Virus ist durch handelsübliche Desinfektionsmittel inaktivierbar.

Situation in Österreich

Österreich ist seit Juli 1999 amtlich anerkannt frei von der Enzootischen Rinderleukose (ERL). Eine risikobasierte Überwachung aller Rinderbetriebe über Milch- und Blutproben wird jährlich durchgeführt. Die österreichischen Rinderbestände waren auch 2021 amtlich anerkannt frei von Enzootischer Rinderleukose.

Untersuchungen auf Bovines Leukose Virus

Fachinformation

Die Enzootische Rinderleukose wird durch das Bovine Leukose Virus (BLV), das der Familie der Retroviridae, Unterfamilie Orthoretroviridae und dem Genus Deltaretrovius zugehörig ist, verursacht. Somit handelt es sich um behülltes, 80-100 nm großes RNA-Virus. Wie einige andere Viren aus der Familie der Retroviridae ist auch BLV onkogen und wird somit zu den Onkornaviren gezählt. B-Lymphozyten sind die Zielzellen des Virus. BLV ist mit Ausnahme von Europa, Australien und Neuseeland weltweit verbreitet. Das Krankheitsbild der bovinen Leukose wurde bereits im späten 19. Jahrhundert beschrieben, die Identifikation des Erregers gelang jedoch erst im Jahr 1969.

Differentialdiagnostisch kommen die Sporadische Leukose sowie multifokale Lymphome noch unbekannter Genese in Frage.

Übertragung

Die Übertragung erfolgt größtenteils horizontal durch infizierte Lymphozyten z. B. iatrogen bei chirurgischen Eingriffen oder Herdenimpfungen. Die Weitergabe des Virus von Tier zu Tier geschieht durch engen Kontakt. Weniger häufig kommt es in utero zu einer Transmission des Virus. Blutsaugende Insekten können als Vektoren dienen. BLV-infizierte Zellen werden auch mit dem Kolostrum und der Milch ausgeschieden. Die Infektion von Kälbern auf diesem Weg ist jedoch von geringer Bedeutung.

Bei Rindern, Wasserbüffeln und Wasserschweinen kommt es auf natürlichem Weg zu Infektionen mit dem BLV. Nach experimentellen Infektionen können Schafe klinische Symptome der tumorösen Verlaufsform entwickeln. Weitere Tierarten wie Hirsche, Ziegen, Schweine, Büffel, Kaninchen, Katzen und Hunde reagierten auf eine experimentelle Infektion mit der Produktion von Antikörpern.

Symptomatik

Die meisten Infektionen mit BLV verlaufen subklinisch. 30-70 % der infizierten Rinder entwickeln nach einer Inkubationszeit von 6 Monaten bis 3 Jahren eine persistierende Lymphozytose, die durch einen Anstieg der zirkulierenden B-Lymphozyten um bis zu 80 % gekennzeichnet ist. Bei 0,1-10 % aller infizierten Tiere oder 10-30 % der Rinder mit persistierender Lymphozytose kommt es, nach oft jahrelang andauernder Präleukose, zur Tumorbildung (Lymphosarkom). Daraus ergeben sich drei klinische Verlaufsformen der Krankheit:

  • Klinisch inapparente Infektion
  • Persistierende Lymphozytose (Präleukose)
  • Tumoröse Form: führt zum Tod des Tieres

Die klinischen Symptome sind stark von der Lokalisation der Tumore abhängig und daher vielfältig. Es kann zur Ausbildung folgender unspezifischer Symptome kommen:

  • Gewichtsverlust, Inappetenz
  • Vergrößerung der Lymphknoten
  • Folgeerscheinungen der Tumorbildung: Atemnot, Schluckbeschwerden, Exophthalmus, Lahmheit, Tympanie
  • Allgemeine Schwäche
  • Verdauungsstörungen
  • Rückgang der Milchleistung
  • Fieber
  • Neurologische Manifestation mit entsprechender Symptomatik

Klinisch inapparent infizierte Tiere bilden das Erregerreservoir von BLV und sind eine Gefahr im Hinblick auf die Übertragung der Krankheit, da sie lebenslang als potentielle Virusausscheider angesehen werden müssen. Die lange Inkubationszeit sowie der langsame Krankheitsverlauf sind begünstigende Faktoren für die Aufrechterhaltung der Infektion in einer Rinderherde. Des Weiteren kommt es in Herden mit klinisch inapparenten BLV-Infektionen zu wirtschaftlichen Verlusten, die durch den Rückgang der Milchleistung, verminderte Konzeptionsraten und unterschiedliche Sekundärinfektionen bedingt werden.

Mit zunehmendem Alter steigt die Häufigkeit der Tumorbildung. Zudem haben einige Rinderrassen eine genetische Disposition für die Enzootische Rinderleukose. So erkranken Rinder der Rasse Holstein-Friesian statistisch signifikant häufiger an der Tumorösen Verlaufsform als Braun- oder Fleckvieh.

Bekämpfung/Prävention

Die Enzootische Rinderleukose ist eine anzeigepflichtige Tierseuche. Die Überwachung erfolgt in Österreich gemäß der Rindergesundheits-Überwachungs-Verordnung, BGBl. II Nr. 334/2013, die auf dem Tiergesundheitsgesetz (TGG), BGBl. I Nr. 133/1999 i.d.F. basiert. Die Überwachung ist auf EU-Ebene durch die Vorgaben der Richtlinie 64/432/EWG verankert. Es werden nach einem risikobasierten Stichprobenplan Proben gezogen und untersucht. Sämtliche Reagenten sind auf Grund der genannten Vorgaben innerhalb der Ausmerzfrist an Schlachtbetriebe zur Schlachtung abzugeben.

Österreich ist seit 1999 amtlich anerkannt frei von der Enzootischen Rinderleukose.

Impfung

Eine Schutzimpfung gegen Enzootische Rinderleukose ist in Österreich verboten. Bis dato gibt es auch keinen zugelassenen Impfstoff.

Diagnostik

Rinder, die mit BLV infiziert sind, bilden in der Regel spezifische Antikörper, die ab 3-16 Wochen post infectionem serologisch (ELISA-Technik oder AGID) nachweisbar sind. ELISA Methoden zur Untersuchung von Blut- oder Milchproben auf Antikörper gegen BLV in Blut oder Milch wurden publiziert und unterschiedliche kommerzielle ELISA Tests sind am Markt erhältlich. ELISA Tests reagieren in der Regel deutlich sensitiver als der AGID.

Maternale Antikörper sind bis zu 6-7 Monaten nach der Geburt nachweisbar und bieten Schutz vor einer Infektion. 2-6 Wochen vor und 1-2 Wochen nach der Geburt können Kühe Serumantikörper aufweisen, die im AGID nicht nachweisbar sind. Die Antikörper verlagern sich in diesem Zeitraum aus dem Blutkreislauf des Muttertiers ins Kolostrum. Daher ist bei Verwendung des AGID-Tests ein negatives Ergebnis nicht aussagekräftig und sollte wiederholt werden. Der AGID-Test kann während dieser Phase jedoch mit Kolostrum durchgeführt werden.

Die real-time PCR fungiert als schnelle und sensitive Methode zur Bestätigung einer serologischen Diagnostik aus Blut oder Organen bzw. als Methode zur akuten Infektionsdiagnostik, bevor es zur Bildung von Antikörpern gekommen ist.

Probenmaterial:

  • Blut (EDTA/Serum)
  • Milch, Kolostrum

Mögliche Nachweismethoden:

  • ELISA (Serum, Milch): Antikörper gegen BLV
  • Agargel Immunodiffusion (AGID) (Serum, Kolostrum): Antikörper gegen BLV
  • Molekularbiologischer Nachweis mittels PCR (EDTA-Blut)
  • Virusisolation und Anzucht (EDTA-Blut)

Kontakt

Institut für veterinärmedizinische Untersuchungen Mödling

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Aktualisiert: 10.10.2023