Titandioxid

Steckbrief

Beschreibung

Titandioxid (TiO2) ist ein weißes Farbpigment, das derzeit als Lebensmittelzusatzstoff E171 zugelassen ist und zum Einfärben von Lebensmitteln und als Bestandteil weißer glänzender Überzüge beispielsweise von Süßigkeiten eingesetzt wird. Zudem wird Titandioxid als mineralischer Lichtschutzfilter in Sonnenschutzmitteln angewendet.

Vorkommen

Der Hauptanwendungsbereich von Titandioxid als weißes Farbpigment liegt in der Herstellung von Farben, Lacken, Papier und Kunststoffen.

Als Lebensmittelzusatzstoff E171 wird Titandioxid hauptsächlich in Süßigkeiten, feinen Backwaren, Suppen, Brühen und Soßen sowie Salaten, Brotaufstrichen und in Produkten mit verarbeiteten Nüssen verwendet. Das Pigment eignet sich vor allem zum Einfärben von Lebensmitteln und als weißer glänzender Überzug für Süßigkeiten wie Dragees oder Kaugummis, Nahrungsergänzungsmittel und Arzneimittel.

Des Weiteren findet Titandioxid eine Anwendung als Futtermittelzusatzstoff und aufgrund der färbenden Eigenschaft auch als weißes Farbpigment in Kosmetikprodukten wie Zahnpasta und in Tätowiermitteln.

In Sonnenschutzmitteln dienen winzige Titandioxidpartikel in Nanoform (Partikelgröße von 1-100 Nanometer) als mineralische Lichtschutzfilter, die schädliche UV-Strahlung reflektieren und so die Haut schützen.

Gesundheitsrisiko

Mögliche Aufnahmewege von Titandioxid sind über den Verdauungstrakt (oral), die Haut (dermal) und über die Atemwege (inhalativ).

Aufnahme über den Verdauungstrakt

Über den Verzehr von Lebensmitteln mit dem Zusatzstoff E171 kann Titandioxid schon in geringen Mengen aus dem Magen-Darm-Trakt aufgenommen werden. Da Titandioxid nur sehr langsam vom Körper ausgeschieden wird, kann es sich in Organen anreichern. Im Rahmen der Risikobewertung der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) im Mai 2021 konnte eine Erbgutschädigung (Genotoxizität) nicht ausgeschlossen werden, da es sich gezeigt hat, dass Titandioxid DNA- und Chromosomen-Schäden verursachen kann. So ist die EFSA zum Schluss gekommen, dass die Verwendung von Titandioxid als Lebensmittelzusatzstoff nicht mehr sicher ist.

Aufnahme über die Haut

Titandioxid wird nicht über Hautpflegeprodukte wie Sonnenschutzmittel aufgenommen. So können diese Sonnenschutzmittel bedenkenlos auf die Haut (auch Sonnenbrand-geschädigte Haut) aufgetragen werden. Es gibt aktuell keine Hinweise, dass die Verwendung von Titandioxid in kosmetischen Produkten für Verbraucherinnen und Verbraucher gesundheitsschädlich ist.

Aufnahme über die Atemwege

Werden Titandioxid-Partikel (aus Stäuben und Lacken) eingeatmet, können sie tief in das Lungengewebe eindringen und hier Entzündungen verursachen und zur Bildung von Tumoren führen. So wird Titandioxid beim Einatmen als möglicherweise krebserregend eingestuft. Die Verwendung von Titandioxid-Nanopartikeln in Sonnenschutzmitteln, die durch Einatmen in die Lunge aufgenommen werden können (Sprühflaschen), sind nicht zugelassen und wird in der EU-Kosmetikverordnung (EG) Nr. 1223/2009 geregelt.

Situation in Österreich

Aufgrund der bestehenden Sicherheitsbedenken hat die Europäische Kommission Mitte Jänner 2022 eine Verordnung zum Verbot der Verwendung von Titandioxid als Zusatzstoff in Lebensmitteln erlassen. Um einen reibungslosen Übergang zu ermöglichen und die Lebensmittelversorgung sicherzustellen, wurde in dieser ab 7. Februar 2022 geltenden Verordnung eine Übergangsfrist von 6 Monaten festgelegt. Nach Ablauf dieser Übergangsfrist ist die Verwendung des Zusatzstoffes Titandioxid in Lebensmitteln verboten. Produkte, die vor Ablauf der Übergangsfrist unter Verwendung von Titandioxid hergestellt wurden, dürfen bis Ablauf des Verbrauchsdatums oder des Mindesthaltbarkeitsdatums auf dem Markt bleiben.

Im Rahmen der amtlichen Kontrolle wird der Titandioxid-Gehalt in ausgewählten Zuckerwaren und Zusatzstoffmischungen von uns überprüft.

Zudem haben wir im Oktober 2020 Untersuchungen von Sonnenschutzmitteln mit Titandioxid-Nanopartikeln durchgeführt. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass diese untersuchten Sonnenschutzmittel den spezifischen Anforderungen der EU-Kosmetikverordnung (EG) Nr. 1223/2009 entsprechen und dass es keinen Grund zur Beanstandung gibt. Nach dieser Verordnung ist der Einsatz von Titandioxid in Nanoform kennzeichnungspflichtig und muss in den Inhaltsstoffen des Produkts angeführt werden.

Tipps

  • Bei vorverpackten Waren muss eine Kennzeichnung mit der Klassenbezeichnung „Farbstoff“ gefolgt von der Bezeichnung „Titandioxid“ oder der E-Nummer („E 171“) im Zutatenverzeichnis auf der Verpackung oder dem Behältnis angebracht sein
  • Bei offenen Waren (z. B. lose Zuckerwaren) besteht keine Kennzeichnungspflicht für den Farbstoff
  • In Hautpflegeprodukten und Kosmetik wird Titanoxid unter der Bezeichnung „CI 77891“ in der Inhaltsstoffliste angeführt

Fachinformation

Für die Verwendung von Titandioxid als Lebensmittelzusatzstoff gilt die Verordnung (EG) Nr. 1333/2008. Titandioxid ist zur Färbung ausgewählter Lebensmittel nach dem quantum-satis Prinzip (so viel wie nötig, so wenig wie möglich, um die technologische Wirkung zu erzielen) zugelassen. Derzeit sind in der Spezifikationsverordnung für Lebensmittelzusatzstoffe (EU) Nr. 231/2012 keine spezifischen Vorgaben für die Teilchengrößen von Titandioxid enthalten. 

Die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) veröffentlichte im Rahmen des Reevaluierungs-Programms 2016 eine Bewertung von Titandioxid als Zusatzstoff. Auf Basis der damalig verfügbaren wissenschaftlichen Studien gab es keine Hinweise auf Gesundheitsbedenken für den Verbraucher. Die EFSA merkte aber in ihrer Stellungnahme an, dass es nur wenige technische Daten zur Charakterisierung von E171 gab. 2016 wurde angenommen, dass der Nano-Anteil bei weniger als 3,2 % liegt. Die EFSA empfahl in der Bewertung mehr Daten zur Charakterisierung von E171 zu erheben. Erst durch die Erhebung der technischen Daten von der Industrie hat sich gezeigt, dass bis zu 50 % der TiO2-Partikel kleiner als 100 nm und 1 % kleiner als 30 nm sind.

Französische Forscher stellten in einer 2017 veröffentlichten Studie zu möglichen Auswirkungen des Lebensmittelzusatzes E171 bei einer regelmäßigen oralen Aufnahme von Titandioxid schädliche Auswirkungen auf das Immunsystem von Ratten fest (Darmentzündungen und präkanzeröse Läsionen). Die mit der Prüfung der Studien befasste französische Agentur für Lebensmittel, Umwelt und Gesundheit (ANSES) führte in einer Stellungnahme aus, dass die meisten Studien zu TiO2 nicht einheitlich seien, weiters sei es schwierig, die Ergebnisse miteinander zu vergleichen. Mit 2020 haben die französischen Behörden dennoch als einziges EU-Land aufgrund von gesundheitlichen Bedenken den Zusatz von E171 in Lebensmitteln untersagt.

Die EFSA wurde im März 2020 mit einer erneuten Bewertung des Zusatzstoffs von der Europäischen Kommission beauftragt. Für diese Bewertung wurde eine Tierversuchsstudie (erweiterte Generationen-Studie EOGRT-Studie) durchgeführt und aufgrund der neuesten Erkenntnisse zum Nanoanteil, wurden diesmal auch Studien zu Titandioxid Nanopartikeln berücksichtigt. In dieser Bewertung wurde somit ein größeres Spektrum von über 10.000 wissenschaftlichen Studien im Vergleich zu 2016 herangezogen. Außerdem wurde zur Beurteilung der Studien der von der EFSA 2018 veröffentlichte Leitfaden zur Risikobewertung der Anwendung von Nanowissenschaften und Nanotechnologien in der Lebens- und Futtermittelkette herangezogen. 

E171 kann bei oraler Aufnahme in geringen Mengen (vermutlich 0,5 % der Dosis) vom Darm resorbiert und in den verschiedenen Organen verteilt werden. TiO2 Nanopartikel haben eine geschätzte Aufnahme von rund 1 % und können im Körper angereichert werden und haben eine Halbwertszeit von 200-450 Tagen. Aufgrund der unterschiedlichen Partikelgrößenverteilung bei E171 (5-50 % <100nm) kann die Exposition von Nanopartikeln durch E171 nicht abgeschätzt werden.

In der erweiterten Generationen-Studie gab es keinen Hinweis zur allgemeinen toxischen Wirkung von E171, lediglich verminderte antigen-induzierte IgM Werte wurden beobachtet. Eine Darmentzündung und präkanzeröse Läsionen konnten nicht beobachtet werden. Das EFSA Panel kam aber zu dem Schluss, dass das Studiendesign Defizite hat um eine immunotoxische Wirkung von E171 auszuschließen, daher kann auch die Entstehung von präkanzerösen Läsionen im Darm durch E171 nicht vollkommen ausgeschlossen werden. Sowohl die EOGRT-Studie als auch die herangezogenen wissenschaftlichen Studien zeigen bei der allgemeinen Toxizität und Organtoxizität bei Dosen von 1000 mg/kg KG/Tag E171 und 100 mg/kg KG/Tag TiO2 Nanopartikel (>30nm) keine negativen gesundheitlichen Auswirkungen. In Fortpflanzungs- und Entwicklungsstudien gab es auch keinen Hinweis auf eine negative Wirkung von E171. Bei TiO2 Nanopartikeln (<100nm) gab es Hinweise auf eine potentielle neurotoxische Wirkung, die eventuell negative Effekte haben könnte, aber die Studienergebnisse waren nicht eindeutig.

Unter Berücksichtigung aller verfügbaren in vitro und in vivo Studien konnte der Verdacht auf Genotoxizität nicht ausgeschlossen werden, da es sich gezeigt hat, dass TiO2 Partikel zu DNA Strangbrüchen und Schäden an Chromosomen führen können. Ein Verdacht auf Genmutation konnte nicht festgestellt werden. Aufgrund der schlechten Datenlage konnte eine potentielle Kanzerogenität nicht bewertet werden. Die meisten genotoxischen Effekte wurden bei TiO2 Nanopartikeln erfasst, in wenigen Studien konnten aber auch genotoxische Effekte bei TiO2 Partikeln, die größer als 100 nm sind, beobachtet werden. Es war daher dem EFSA Panel nicht möglich, die Gentoxizität mit einer bestimmten physikochemischen Eigenschaft wie Partikelgröße (< oder > 100nm), Form (Anatas oder Rutil) oder Status der Agglomeration zuzuordnen. Außerdem konnte die gentoxische Wirkungsweise von TiO2 Nanopartikel nicht eindeutig geklärt werden. Das EFSA Panel konnte daher auch keinen sicheren Schwellenwert bezüglich der Partikelgröße festlegen und kommt zu dem Schluss, dass die Verwendung von Titandioxid als Zusatzstoff nicht sicher ist.

Es sind keine akut gesundheitsgefährdenden Effekte bei der oralen Aufnahme von E171 bekannt, was zu einem sofortigen Verbot führen würde. Das EFSA Panel konnte in ihrer Bewertung keine akzeptierbare tägliche Aufnahmemenge (ADI) ableiten, da es den Verdacht auf Genotoxizität gibt und somit die Sicherheit des Zusatzstoffs nicht belegt werden konnte. Um die Versorgungskette sicherzustellen und die Verschwendung von Lebensmitteln zu vermeiden, ist es im Fall eines Verbotes von E171 angezeigt, den Lebensmittelherstellern eine Übergangsfrist einzuräumen, um die Verwendung dieses Zusatzstoffs in Lebensmitteln einzustellen und bei Bedarf diesen zu ersetzen.

Eine mögliche Alternative für den Einsatz von Titandioxid ist der zugelassene Lebensmittelfarbstoff Calciumcarbonat (E170) oder der Verzicht auf die Färbung des Lebensmittels.

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Aktualisiert: 10.10.2023