ReduktionPSM - Aktuelle Bedeutung und Möglichkeiten der Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln mit höherem Risiko in der Landwirtschaft

Zusammenfassung

Im Rahmen des Projektes ReduktionPSM wurde die aktuelle Bedeutung von Pflanzenschutzmitteln mit höherem Risiko (= enthalten Wirkstoffe, die als Substitutionskandidaten eingestuft sind) für die österreichische Landwirtschaft untersucht. Weiters wurde geprüft, ob diese Pflanzenschutzmittel durch andere Pflanzenschutzmittel und/oder andere Pflanzenschutzmaßnahmen ersetzt werden können.

Projektbeschreibung

Pflanzenschutzmittel werden eingesetzt, um Ernteverluste durch Schädlinge, Krankheiten und Unkräuter zu reduzieren und die Qualität zu sichern. Pflanzenschutzmittel unterliegen einem zweistufigen, wissenschaftsbasierten Zulassungsverfahren. Erst nach Genehmigung eines Wirkstoffs auf EU-Ebene können Pflanzenschutzmittel auf nationaler Ebene beantragt und nach positiver Prüfung zugelassen werden.

Mit der Einführung des Substitutionsprinzips im Pflanzenschutzbereich im Jahr 2011 wurde eine neue Wirkstoffkategorie geschaffen – die der Substitutionskandidaten. Dabei handelt es sich um genehmigte Wirkstoffe mit unerwünschten Eigenschaften, die schrittweise durch andere Wirkstoffe oder alternative Verfahren und Methoden ersetzt werden sollen. In der Farm-to-Fork-Strategie der Europäischen Kommission wurde für den Pflanzenschutzmittelbereich das Ziel formuliert, den Einsatz dieser Wirkstoffe bis 2030 um 50 % zu reduzieren. In der EU waren im Jahr 2023 insgesamt 51 Wirkstoffe als Substitutionskandidaten eingestuft. Davon waren 37 in zugelassenen Pflanzenschutzmitteln in Österreich enthalten. Die Menge der in Österreich in Verkehr gebrachten, als  Substitutionskandidaten eingestuften Wirkstoffe, lag im Jahr 2021 bei 536 Tonnen (9 % Anteil an der Gesamtmenge). Die acht mengenmäßig wichtigsten Wirkstoffe (Aclonifen, Chlortoluron, Flufenacet, Kupferhydroxid, Kupferoxychlorid, Pendimethalin, Tebuconazol, Ziram) machen etwa 80 % der Gesamtmenge aus.

Im Projekt ReduktionPSM wurden die als Substitutionskandidaten eingestuften Wirkstoffe aufgelistet und die österreichische Zulassungssituation von Pflanzenschutzmitteln im Detail ausgewertet. Die Bedeutung der Wirkstoffe für die Landwirtschaft wurde auf Basis der behandelten Fläche (Wirkstoffaufwandmenge je Hektar) und der Verwendung in landwirtschaftlichen Kulturen abgeschätzt.

Ergebnisse

Die Bewertung der Ersetzbarkeit der Substitutionskandidaten erfolgte für 16 ausgewählte Kulturen und für jede Indikation (Kombination aus Schaderreger und Kultur) auf Basis verschiedener Kriterien. Die Kriterien waren die Gewährleistung eines Resistenzmanagements (Anzahl unterschiedlicher Wirkmechanismen) und die Verfügbarkeit von Alternativen (Anzahl alternativer Wirkstoffe, nicht-chemische Alternativen).

Insgesamt wurden 448 Indikationen von Fungiziden, 191 von Insektiziden, 66 von Herbiziden und 2 von sonstigen Wirkungstypen auf die Ersetzbarkeit bewertet. Das größte Potenzial zur Reduktion der Verwendung von Substitutionskandidaten gibt es bei Fungiziden, gefolgt von Herbiziden. Kaum Ersatzmöglichkeiten gibt es bei Insektiziden und sonstigen Wirkungstypen.

Die größte Bedeutung auf Basis der behandelten Fläche (> 100.000 ha) haben die Substitutionskandidaten Fludioxinil, Metalaxyl, Difenoconazol, Ziram, Tebuconazol, Cypermethrin, Nicosulfuron, Esfenvalerat und Lambda-Cyhalothrin. Fludioxinil, Metalaxyl und Ziram kommen hauptsächlich bei der Saatgutbehandlung zum Einsatz.

Von allen untersuchten Kulturen haben die Substitutionskandidaten in Sojabohne und Sonnenblume die größte Bedeutung, denn hier gibt es nur sehr wenig alternative Wirkstoffe und Wirkmechanismen. In Wein (integrierte Produktion) könnten im Prinzip alle Substitutionskandidaten vollständig ersetzt werden.

Die Auswirkungen einer Reduktion des Einsatzes von Substitutionskandidaten auf die Inverkehrbringungsmenge wurde abgeschätzt. Wenn die als ersetzbar kategorisierten Substitutionskandidaten ersetzt werden, sinkt die gesamte Inverkehrbringungsmenge von Substitutionskandidaten um 164 Tonnen (30,5 %). Aufgeschlüsselt nach Wirkungstyp entfallen 115 Tonnen davon auf Fungizide, 48 Tonnen auf Herbizide und 0,3 Tonnen auf Insektizide. Das größte Potential (insgesamt 157 Tonnen bzw. 96 %) liegt bei den vier fungiziden Wirkstoffen Kupferoxychlorid, Tebuconazol, Kupferhydroxid und Difenoconazol sowie den zwei herbiziden Wirkstoffen Flufenacet und Pendimethalin.

Empfehlungen zum Umgang mit Substitutionskandidaten:

Vorrangig sollten Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden, die keine Substitutionskandidaten enthalten.

Das Resistenzmanagement ist jedoch unbedingt zu berücksichtigen. Ein Wirkstoffwechsel zur Vermeidung der Resistenzbildung muss eingehalten werden. Es können daher auch Pflanzenschutzmittel, die Substitutionskandidaten enthalten, eingesetzt werden.

Verzicht auf den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, die Substitutionskandidaten enthalten, in Indikationen, die in Kategorie 1 (=Substitutionskandidat ist ersetzbar) eingestuft sind.

Nutzen des Projekts

Der Fokus liegt in der Bewusstseinsbildung von Landwirt:innen, in der Beratung von Stakeholdern (Verbände, Organisationen), aber auch speziell bei der Vermittlung von grundsätzlichen Empfehlungen zum Umgang mit Substitutionskandidaten in der landwirtschaftlichen Praxis unter Einbezug der konkreten Ergebnisse aus diesem Projekt.

Projektdetails

Projekttitel: Aktuelle Bedeutung und Möglichkeiten der Reduktion des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln mit höherem Risiko in der Landwirtschaft

Projektakronym: ReduktionPSM

Projektleitung: AGES, DI Gottfried Besenhofer

Finanzierung: Bund-Bundesländer-Kooperation

Projektlaufzeit: 06.2021 - 04.2023

Weitere Informationen

DaFNE Forschungsplattform

Aktualisiert: 04.09.2024