Klimafit I - III: Miteinander zu Sorten mit verbesserter Ökostabilität zur Anpassung an den Klimawandel
Zusammenfassung
Der Pflanzenbau in Österreich ist bedingt durch den Klimawandel zunehmend von Schäden insbesondere infolge von Trockenheit und Niederschlagsdefiziten betroffen. Um eine nachhaltige Ernährungssicherung sicherzustellen, benötigt die heimische Landwirtschaft neue Pflanzensorten als wichtige Anpassungsmaßnahme an den Klimawandel.
Das gemeinsame, kontinuierliche und zentrale Ziel der Kooperationsprojekte KLIMAFIT I - III ist es, klimafitte Sorten für Österreich unter besonderer Berücksichtigung von Trockenheits- und Hitzestresstoleranz zu entwickeln, diese an den voranschreitenden Klimawandel sowie an regionale Erfordernisse anzupassen und die Kulturartenvielfalt im Sinne einer nachhaltigen Bewirtschaftung sicher zu stellen.
Projektdetails
Die mit dem Klimawandel einhergehende Zunahme an Hitzeperioden, untypische Niederschlagsverteilung, sowie ein sich veränderndes Spektrum an Pflanzenkrankheiten oder, bedingt durch die milderen Winter, vermehrt auftretende Pflanzenschädlinge werden den Ackerbau in Österreich in Zukunft erschweren. Diese veränderten Anbaubedingungen werden sich negativ auf die Ertragsleistung von etablierten Sorten auswirken. Der Klimawandel stellt also eine existenzielle Bedrohung für die Ernährungssicherung in Österreich dar. Die Entwicklung von neuen, klimafitten Sorten ist daher von großer Wichtigkeit.
Das Kooperationsprojekt KLIMAFIT I (2017 bis 2020) und die Nachfolgeprojekte KLIMAFIT II (2021 bis 2023) und KLIMAFIT III (2024 bis 2026) vereinigen österreichische Pflanzenzüchtungs- und Saatgutunternehmen (Saatgut Austria, Saatzucht Donau, Saatzucht Gleisdorf, RWA, Saatbau Linz, Probstdorfer Saatzucht, Niederösterreichische Saatbaugenossenschaft, Corteva Agriscience), um gemeinsam an dem für die österreichische Landwirtschaft wichtigen Ziel der Ertrags- und somit Versorgungssicherung unter verschärften klimatischen Bedingungen zu arbeiten. Im Rahmen der KLIMAFIT-Projekte werden notwendige Züchtungsarbeiten umgesetzt, welche die Grundlagen für die Entwicklung von klimafitten Sorten bilden, die an die zukünftigen klimatischen Bedingungen in Österreich angepasst sind. Dabei handelte es sich um Arbeiten zur Züchtung neuer Sorten mit erhöhter Öko-Stabilität, welche auch bei unterschiedlichen Stress- und Extrembedingungen (Hitze, Trockenheit, Frost, Nässe, Unwetter) stabile Erträge liefern.
Um eine Vielfalt an neuem genetischem Material für klimafitte Sorten zu generieren, sind in den KLIMAFIT-Projekten auch Arbeiten zur Vorselektion vielversprechender Genotypen mit einem speziellen Fokus auf Trockenheits- und Hitzestresstoleranz inkludiert. Dadurch werden neue potenzielle Kreuzungspartner ermittelt, welche dann als ausgewählte Zuchtlinie in Parzellenversuchen hinsichtlich ihrer Ertragsleistung und ihrer Qualitäten – insbesondere unter Trocken- und Hitzestressbedingungen – getestet werden. Eine große Anzahl ausgewählter Zuchtlinien werden in KLIMAFIT über ganz Europa und ganz Österreich verstreut in Parzellenversuche gestellt, wobei alle relevanten Kulturarten, von verschiedenen Getreidearten über Mais, Öl- und Eiweißpflanzen bis hin zur Kartoffel im Projekt inkludiert sind. Zuchtlinien, die sich in den Parzellenversuchen in vielfältigen Umwelten bewährt haben, werden anschließend von den im Projekt beteiligten Züchtungsunternehmen zur Wertprüfung angemeldet und stehen bei erfolgreicher Zulassung in weiterer Folge der österreichischen Landwirtschaft zur Verfügung.
Ergebnisse
Im Laufe der dreijährigen Projektdauer im Projekt KLIMAFIT I zeigte sich ein differenziertes Bild hinsichtlich der klimatischen Anbauverhältnisse. Vor allem die ersten beiden Projektjahre 2018 und 2019 waren innerhalb Österreichs von anhaltender Trockenheit und längeren Dürreperioden geprägt. Im finalen Projektjahr 2020 lag nach anfänglicher Frühjahrstrockenheit aufgrund feuchter Sommermonate ein deutlich geringerer Trockenstress vor. Auftretende Starkniederschläge und ein erhöhter Krankheitsdruck begünstigten aber die Selektion von klimafitten Sorten mit erhöhter Öko-Stabilität. Der in KLIMAFIT I bereits bemerkbare klimatische Trend zu heißen und auch trockenen Sommern setzte sich auch in den KLIMAFIT II Projektjahren fort. Vor allem das erste Projektjahr 2021 und ganz besonders herausstechend das zweite Projektjahr 2022 waren innerhalb Österreich von anhaltender Trockenheit und längeren Dürreperioden geprägt. 2022 zählte gar zu den fünfzehn trockensten Jahren der 165-jährigen Messgeschichte. Im finalen Projektjahr 2023 folgte auf einen sehr milden Winter ein nasskaltes Frühjahr, weshalb allgemein ein deutlich geringerer Trockenstress vorlag. Alle drei Projektjahre waren überdurchschnittlich warm. Das dritte KLIMAFIT 2 Projektjahr 2023 war sogar das wärmste Jahr seit Beginn der Messreihe im Jahr 1768.
Die Einbindung von einer Vielzahl an österreichischen Versuchsstandorten führte zu spezifischen, an die Region angepassten Genotypen. Dies stellt einen wesentlichen Beitrag zur Ernährungssicherheit mit heimischen Produkten dar. Durch das Einbeziehen von Standorten im inner- und außereuropäischen Ausland konnte ein sehr breites Versuchsnetz mit unterschiedlichsten klimatischen Bedingungen gespannt werden. Auf diese Weise konnten vielversprechende Zuchtlinien in Regionen getestet werden, in welchen jetzt schon klimatische Bedingungen herrschen, wie sie in Zukunft klimawandelbedingt in Österreich zu erwarten sind. Die große Anzahl an Versuchsstandorten ermöglichte zudem, dass in jedem der sechs Projektjahre in allen Kulturarten Genotypen mit ausgeprägter Trockenstresstoleranz selektiert werden konnten. Ebenfalls konnte an vielen Standorten hinsichtlich Krankheitsresistenzen selektiert werden. Die vielen angelegten Sortenversuche und die darauffolgende Quantifizierung und Ermittlung der Qualitäten der ausgewählten Zuchtlinien legen die Basis für weitere Schritte hin zur Entwicklung klimafitter Sorten.
Die durchgeführten Kreuzungsversuche bei den im Projekt inkludierten Kulturarten unterstützen den Aufbau eines breiten Genpools, auf den auch für zukünftige züchterische Tätigkeiten zugegriffen werden kann. Eine erste Vorselektion der Genotypen mit einem speziellen Fokus auf Trockenheits- und Hitzestresstoleranz im Zuchtgarten diente der Ermittlung von möglichen Kreuzungspartnern, um in weiterer Folge die heimischen Sorten in den gesuchten neuen Eigenschaften zu verbessern. Eine große Anzahl an Parzellenversuchen in ganz Europa half bei der Selektion von Zuchtlinien, die trotz Trockenstress am Versuchsstandort zufriedenstellende Erträge lieferten. Nach zusätzlichen Bonituren und Messungen zur Qualitätsanalyse und zum Feststellen des Verhaltens der Pflanzen in der Umwelt konnten in jedem Projektjahr über 100 Zuchtlinien zur amtlichen Wertprüfung angemeldet werden.
Bei der zukünftigen Zulassung klimafitter Sorten in Österreich ist eine Leistungsbeurteilung inkl. Darstellung der Ergebnisse unter Hitzeeinwirkung und Trockenheitsstress für die Landwirt:innen von großem anwendungsorientiertem Nutzen. Dazu sind Sortenprüfungen auf Trockenstandorten, an denen während der Periode der Leistungsbeurteilung eine hohe Wahrscheinlichkeit von auftretendem Trockenstress gegeben ist, ein realisierbarer Ansatz. Weitere Informationen zum Verhalten in den Umwelten liefern Leistungsfeststellungen von Sortenkandidaten unter Beregnungseinsatz. Im Rahmen des Projektes KLIMAFIT 2 wurden Vorversuche für eine Anpassung in der Darstellung der Leistung neuer Sorten im Hinblick auf Trockenstresstoleranz durchgeführt, um dadurch den Nutzen des Projektes für die Endnutzer:innen wie Landwirt:innen und Saatgutkäufer:innen zu erhöhen. Die über die dreijährige KLIMAFIT II Projektdauer durchgeführten Vorversuche zur Adaption der Beschreibenden Sortenliste liefern eine vielversprechende Datenbasis zur Bearbeitung der anwendungsorientierten Fragestellung wie die Leistung neuer Pflanzensorten in Bezug auf Trockenstress bewertet und dargestellt werden können. Durch den im Projekt KLIMAFIT II erstmaligen Einsatz von neuen Technologien (Drohnenaufnahmen) konnte die für eine Entscheidungsfindung zugrundeliegende Datenbasis noch um weitere relevante Parameter erweitert werden.
Resümee
Das Ziel der Projekte KLIMAFIT I und II ist die Entwicklung neuer, klimafitter Sorten, die an die diversen Stressfaktoren (Trockenheit, Hitze, vermehrtes Auftreten von Pflanzenkrankheiten und -schädlingen), die aufgrund des Klimawandels immer häufiger auftreten, angepasst sind. Im Zuge von KLIMAFIT I & II wurden bereits verschiedene Zuchtlinien an zahlreichen Versuchsstandorten in ganz Europa getestet. Dabei konnten auch Genotypen, die tolerant gegenüber den unterschiedlichen Stressfaktoren sind, selektiert werden. Im Rahmen von KLIMAFIT III werden die erfolgreichen Arbeiten fortgesetzt. Dabei werden ebenfalls Parzellenversuche an unterschiedlichen Standorten in Europa angelegt, um Zuchtlinien zu ermitteln, die auch bei Trockenheit Erträge bringen. Die im Projekt umgesetzten Züchtungsaktivitäten tragen durch die Entwicklung trockenheits- und hitzestresstoleranter klimafitter Sorten einen wichtigen Teil zur zukünftigen nachhaltigen Ernährungssicherung in Österreich bei. Zusätzlich wird ein wesentlicher Beitrag zur Erhaltung der Kulturartenvielfalt in Österreich geleistet.
Nutzen des Projekts
Durch die Arbeiten in den Projekten KLIMAFIT I - III werden der Landwirtschaft in Zukunft besser an den Klimawandel angepasste Sorten zur Verfügung stehen. Dies ermöglicht die Sicherung der Kornerträge und auch der Qualitäten landwirtschaftlicher Erzeugnisse bei schwierigen Klimabedingungen wie langanhaltender Trockenheit oder Hitzeperioden und stellt somit einen wesentlichen Beitrag zur Ernährungssicherung mit heimischen Produkten dar.
Die KLIMAFIT Projekte tragen mit der Entwicklung klimafitter Sorten aktiv zur Umsetzung für die Gesellschaft wichtiger politischer Zielsetzungen bei, wie z.B. der österreichischen Eiweißstrategie (Ausbau der Versorgungsketten mit heimischen Pflanzenproteinen) oder der EU Farm to Fork Strategie (Reduzierung der eingesetzten Pflanzenschutzmittel, Steigerung der biologischen Landwirtschaft bei gleichbleibender hoher Ertragsleistung und Gewährleistung der Ernährungssicherheit).
Projektdetails
Projektakronym: Klimafit I - III
Projektleitung: Saatgut Austria - Vereinigung der Pflanzenzüchter und Saatgutkaufleute Österreichs
Projektleitung AGES: DI Dr. Philipp von Gehren, Institut für Saat- und Pflanzgut, Pflanzenschutzdienst und Bienen
Projektpartner:
Saatzucht Donau GesmbH & CoKG
Saatbau Linz eGen
Saatzucht Gleisdorf GesmbH
RWA Raiffeisen Ware Austria AG
Niederösterreichische Saatbaugenossenschaft
Corteva Agriscience Austria GmbH
Probstdorfer Saatzucht GesmbH & CoKG
Saatzucht Edelhof
Finanzierung: Das Projekt wird vom Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Regionen und Wasserwirtschaft (BML) und von den Bundesländern im Rahmen der Sonderrichtlinie des BML zur Förderung der Land- und Forstwirtschaft aus nationalen Mitteln, BMLFUW-LE.1.1.12/0066-II/8/2015, i.d.g.F gefördert.
Projektlaufzeit: 10.2017 - 12.2020 (Klimafit I), 01.2021 - 12/2023 (Klimafit II), 01.2024 - 12.2026 (Klimafit III)
Publikationen
von Gehren, P., Bomers, S., Mechtler, K., Mottl, K., Ribarits, A., 2021. Klimafitte Sorten zur Erhöhung der Ertragssicherheit im Trockengebiet. Tagungsband der 75. ALVA-Tagung "Landwirtschaft in der Zukunft - alles digital", Wieselburg-Land, Österreich.
von Gehren, P., Prat, N., Flamm, C., Felder, H., Mechtler, K., 2021. KLIMAFIT – Dritter Publizierbarer Zwischenbericht zum Forschungsprojekt Nummer 2020-0.328.466.
von Gehren, P., Bomers, S., Ribarits, A., Mottl, K., Mechtler, K., Flamm, C., Brandstetter, A., 2021. Adapting to a changing climate: first steps towards assessing a variety's climate-fitness in VCU trials. Online-Vortrag 72nd Plant Breeders Meeting.
von Gehren, P., Bomers, S., Flamm, C., Felder, H., Mechtler, K., 2021. KLIMAFIT II – Dritter Publizierbarer Zwischenbericht zum Forschungsprojekt Nummer 2023-0.398.376.
Weitere Informationen
Aktualisiert: 22.10.2024