Milzbrand

Bacillus anthracis

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Steckbrief

Milzbrand (dunkel verfärbte Milz bei Tieren) oder Anthrax (alter Name für Kohle, kohleähnlicher Schorf auf der Haut des Menschen) ist eine Krankheit bei Tier und Mensch, die durch das Bakterium Bacillus (B.) anthracis hervorgerufen wird. Milzbrand ist eine anzeigepflichtige Zoonose und eine Berufskrankheit von Tierärzten, Landwirten und Beschäftigten, die tierische Produkte verarbeiten.

Vorkommen

Weltweit, besonders häufig in wärmeren Gebieten (Afrika, Asien, Südamerika) mit intensiver Weidetierhaltung. Nur noch sehr sporadisch in West-, Nord- und Mitteleuropa (durch geregelte Tierkörperbeseitigung und amtlich angeordnete Schutzimpfungen). Der mediterrane Raum und Osteuropa sind am meisten betroffen.

Wirtstiere

Pflanzenfresser sind für den Erreger besonders empfänglich, vor allem Rind und Schaf, seltener Pferd und Ziege. Fleischfresser, Schwein und Mensch sind weniger empfänglich. Epidemiologisch sind alte Wasenplätze (Orte zur Entsorgung von Tierkadavern) als Erregerreservoir von besonderer Bedeutung.

Infektionsweg

Milzbranderreger gelangen durch tierische Ausscheidungen, Vergraben von Kadavern und Abwässer von Betrieben (z. B. Gerbereien, Wollfabriken) in die Erde und können dort jahrzehntelang überleben. Die Milzbrandsporen (Dauerformen) können durch Überschwemmungen oder Grabungen wieder an die Oberfläche gelangen und neuerlich Tiere infizieren. Eine Einschleppung des Erregers aus anderen Ländern ist über tierische Produkte, Düngemitteln und Futtermitteln (Knochenmehl, Tierkörpermehl, Blutmehl, Häute, Felle, Haare, kontaminierte pflanzliche Futtermittel) möglich. Die Ansteckung erfolgt bei Tieren in der Regel durch die Aufnahme von Milzbrandsporen mit dem Futter oder Trinkwasser.

Die Infektion beim Menschen erfolgt meist über kleinste Hautverletzungen (Hautmilzbrand). Darmmilzbrand entsteht nach Genuss von rohem oder nur ungenügend gekochtem Fleisch von erkrankten Tieren. Inhalations- oder Lungenmilzbrand entsteht, wenn sehr feine sporenhaltige Stäube oder Tröpfchennebel (Aerosole) eingeatmet werden.

Inkubationszeit

Die Inkubationszeit beträgt beim Wiederkäuer durchschnittlich 3-5 Tage. Beim Menschen ist sie unterschiedlich und abhängig von Expositionsdosis und Übertragungsweg.

Symptomatik

Bei Tieren kommt es zu einem akuten bis perakuten, septikämischen Verlauf mit schlechter Blutgerinnung. Vor dem Verenden kann es zu Blutaustritt (besonders dunkel, teerartig) aus den Körperöffnungen kommen. Kleine Wiederkäuer verenden besonders rasch.

Beim Hautmilzbrand des Menschen entstehen zuerst Bläschen mit blutigem Inhalt, dann ein Geschwür und schließlich ein trockener, festhaftender schwärzlicher Schorf.

Therapie

Zur Therapie von erkrankten Menschen stehen je nach Symptomatik und Schwere des Krankheitsbildes unterschiedliche Antibiotika zur Verfügung

Vorbeugung

Die Bekämpfung erfolgt durch geregelte Tierkörperbeseitigung und Schutzimpfungen in gefährdeten Gebieten mit früherem Milzbrandvorkommen.

Situation in Österreich

In Österreich sind die letzten Fälle beim Rind in der Steiermark 1979, in Salzburg 1980 und 1988 im Bezirk Schwaz in Tirol aufgetreten.

Fachinformation

Die Übertragung auf den Menschen erfolgt selten direkt vom kranken Tier. Meistens liegt eine indirekte Übertragung durch importierte kontaminierte Tierprodukte vor. 1979-1981 kam es zu einer Milzbrandepidemie in einer Textilfabrik in der Schweiz durch die Verarbeitung von Ziegenhaaren aus Pakistan, bei 19 Angestellten wurde die Diagnose spät gestellt, es kam zu keinen Todesfällen.

Eine besondere Bedeutung hat B. anthracis im Zusammenhang mit Bioterrorismus und Biokriminalität. Während der Anschlagsserie in den USA 2001, als per Post „weißes Pulver“ verschickt wurde und es zu 5 Todesfällen kam, konnte der als Biowaffe verwendete Erregerstamm “Ames“ in einem Labor des Bundesheeres aus einem Postsack der US-Botschaft in Wien isoliert werden.

Seit dem Jahr 2000 wurde in Europa auch über Fälle von Injektionsmilzbrand durch mit Sporen kontaminiertes Heroin bei Drogensüchtigen berichtet, wobei es sich um den gleichen oder sehr ähnliche Stämme handelt, so dass möglicherweise von einer bisher unbekannten Infektionsquelle auszugehen ist.

Diagnostik

Hinweise für Milzbrand bei Tieren liefern ein früheres Vorkommen der Seuche (bekannte Milzbrandgebiete) oder die Nähe zu Verarbeitungsbetrieben (z. B. Gerbereien).

Wichtig ist es, die Proben (Blut) für die bakteriologische Untersuchung ohne Kontamination der Umgebung mit dem Erreger zu gewinnen. Verdächtige Kadaver dürfen daher nicht eröffnet werden. Klinisch verdächtige Tiere sind abzusondern und dürfen nicht geschlachtet werden.

Die Kultivierung von B. anthracis darf nur in einem Labor der Sicherheitsstufe 3 vorgenommen werden. Die kulturelle Anzüchtung gilt als sichere Nachweismethode. Die Erregeridentifizierung wird mit einer Kombination aus mikroskopischen, kulturellen und molekularbiologischen Methoden durchgeführt. Der Nachweis der beiden Virulenzplasmide pXO1 (kodierend für protektives Antigen) und pXO2 (kodierend für Kapselantigen) bestätigt einen virulenten B. anthracis-Erregerstamm mit der Fähigkeit zur Exotoxin- und Kapselbildung.

Kontakt

Institut für veterinärmedizinische Untersuchungen Mödling

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Aktualisiert: 10.10.2023