Das West-Nil-Virus (WNV) ist eines der bedeutendsten zoonotischen, durch Vektoren übertragenen, Erreger in Europa. Dieses Virus wird hauptsächlich durch heimische Stechmücken der Gattung Culex übertragen. Im Rahmen des Projekts „OH SURVector“ wurde 2024 erstmals ein österreichweit einheitliches Monitoring-Programm zur Überwachung von WNV in Stechmücken durchgeführt. Hierzu wurden an 68 Standorten zweimal pro Monat, von Mai bis Oktober, Fallen aufgestellt. Die gefangenen Individuen wurden auf ihre Art bestimmt und auf das Vorhandensein von WNV untersucht. Insgesamt konnten 7.927 Stechmücken gefangen werden, die meisten waren Cx. pipiens/torrentium, der wichtigste Überträger des WNV in Europa. Die Stechmücken wurden in 1.364 Pools zusammengefasst und in drei Pools wurde WNV nachgewiesen. Die positiven Proben stammen von Anfang August aus Eisenstadt (Burgenland; zwei Nachweise) und aus dem Lobmingtal (Steiermark).
Das Jahr 2024 war für Österreich jenes mit der bisher höchsten WNV-Zirkulation. So wurden 36 Humanfälle gemeldet (im Inland erworben), sowie 59 Fälle bei Pferden und 22 bei Vögeln; bei allen drei Gruppen ist dies der bisher höchste gemeldete Wert
3. Die Meldungen stammten aus dem Osten Österreichs (v.a. nördliches Burgenland, aber auch Wien, Wiener Umland und Weinviertel, siehe Abbildung 6). Auch in den vorangegangenen Jahren waren fast alle WNV-Fälle auf den Osten Österreichs beschränkt. Die zwei positiven Stechmückenpools aus Eisenstadt passen somit gut mit den Daten der Human- und Veterinärfälle zusammen. Besonders spannend ist jedoch der WNV-Nachweis aus einem Stechmücken-Pool aus dem Lobmingtal in der Steiermark. Es gab in der Steiermark zwar 2023 einen WNV-Nachweis bei einem Alpaka, bisher jedoch noch keinen Humanfall.
Die Haupt-Zielart für dieses Monitoring, die gemeine Hausmücke Cx. pipiens/torrentium war mit 75 % mit Abstand die häufigste gefangene Stechmückenart. Da dieser Artkomplex die wichtigsten Vektoren für das WNV in Europa sind, sind hohe Fangzahlen dieser Art essentiell für den Erfolg einer WNV-Überwachung in Stechmücken. Auch wenn sie für ihre Blutmahlzeit hauptsächlich Vögel stechen, und somit für die Zirkulation des WNV in der Vogelpopulation sorgen, so stechen manche Formen auch gerne Menschen oder andere Säugetiere und sie fungieren als Brückenvektor. Die gemeine Hausmücke ist dämmerungs- und nachtaktiv und vor allem im urbanen Gebieten häufig zu finden. Die adulten Weibchen überwintern in der Natur in hohlen Bäumen und Erdlöchern, im Siedlungsbereich in Kellern, Dachböden oder anderen frostfreien Räumen. Im Frühjahr legen die Weibchen Eischiffchen von etwa 150-300 Eiern auf die Wasseroberfläche. Als Eiablageplatz eignen sich die Uferbereiche von Teichen und stehenden Wassergräben sowie künstliche Wasserstellen wie Regentonnen, oder noch kleinere Wasserstellen, wie Blumentopfuntersetzer. Abhängig von den herrschenden Klimabedingungen (Niederschlag, Temperatur, etc.) können Cx. pipiens/torrentium Arten mehrere Generationen pro Jahr hervorbringen.
Aedes vexans, die zweithäufigste Art, ist ein typischer Vertreter der Überschwemmungsgelsen. Die Weibchen legen ihre Eier in trockenliegende Überschwemmungsgebiete, vor allem in Auwäldern, wo diese oft über mehrere Jahre ohne Wasser überdauern können. Wenn nach einem Hochwasserereignis die Eier überflutet werden, kommt es zu einem Massenschlupf der Larven. Dies zeigte sich auch in dieser Studie, wo Ae. vexans in hoher Zahl Anfang Juli und Anfang Oktober gefangen wurde, jeweils nach stärkeren Überflutungsereignissen. Diese Art verbleibt normalerweise in der Nähe ihres Brutplatzes, sie kann aber passiv durch starken Wind weit vertragen werden, sodass sie auch an den Fallenstandorten in den urbaneren Gebieten gefunden wurde.
Ebenfalls noch relativ häufig wurde Cx. modestus gefangen, die vor allem im Spätsommer stärker auftrat. Diese Art ist ebenfalls eine wichtige Vektorart für das WNV. Als Brutgewässer werden flache, sonnige Gewässer, oft mit reicher Vegetation, bevorzugt, die auch einen etwas erhöhten Salzgehalt aufweisen können. Diese Art wurde in hoher Zahl in Illmitz, nahe dem Neusiedlersee gefunden, wo sie ideale Bedingungen vorfindet.
In diesem ersten Jahr einer österreichweit einheitlichen WNV-Überwachung in Stechmücken konnte in Zusammenarbeit mit den beteiligten Landessanitätsdirektionen und einigen Freiwilligen ein Netzwerk an Fallenstandorten erfolgreich etabliert werden. Die Haupt-Vektoren konnten gezielt gefangen werden. Für eine höhere Nachweisrate von WNV in den Stechmücken wäre jedoch eine insgesamt höhere Fangzahl an Individuen notwendig. Für 2025 ist daher eine Anpassung der Fangtermine geplant, sodass diese konzentrierter in der Haupt-Aktivitätsphase der Stechmücken liegen. Des weiteren sollen Fallenstandorte mit besonders niedrigen Fangzahlen nach Möglichkeit verlegt werden.